Besuch in Tschechien:Seehofers Premiere in Prag

Zum ersten Mal seit 1993 trifft ein bayerischer Ministerpräsident den tschechischen Premier: Horst Seehofer besucht Petr Necas. Das Verhältnis gilt als gespannt. Ein Essen mit Außenminister Schwarzenberg verlief jedoch freundschaftlich.

Klaus Brill, Prag

Es ist der erste offizielle Besuch eines bayerischen Ministerpräsidenten in Prag: Horst Seehofer trifft am Montagvormittag Tschechiens Premier Petr Necas zu einem einstündigen Gespräch. Anschließend geben beide eine Pressekonferenz.

Seehofer in Prag

Trafen sich zum Abendessen: der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer und der tschechische Außenminister Karel Schwarzenberg.

(Foto: dpa)

Es soll auch ein gemeinsames Kommuniqué unterzeichnet und veröffentlicht werden. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung geht es darin um gemeinsame praktische Projekte wie etwa den Ausbau von Verkehrsverbindungen oder die Zusammenarbeit der Polizei, der Katastrophendienste und der Schulen. Tschechien und Bayern hätten "ein vitales Interesse" an einer vielseitigen Entwicklung ihrer Beziehungen, heißt es weiter.

Das beiderseitige Verhältnis war bisher dadurch belastet, dass man sich nicht auf eine gemeinsame Bewertung der Nazi-Herrschaft und der Vertreibung der drei Millionen Sudetendeutschen aus der Tschechoslowakei nach Kriegsende verständigen konnte. Bayerns früherer Ministerpräsident Edmund Stoiber hatte stets verlangt, von tschechischer Seite müssten die Dekrete des früheren Staatspräsidenten Edvard Benes, die 1945 die Enteignung und Vertreibung legitimierten, zurückgenommen werden.

Dies hatten aber das Parlament und die Regierung in Prag stets verweigert. Ein Besuch des bayerischen Ministerpräsidenten war deshalb in Stoibers Amtszeit nicht zustande gekommen. Zuletzt hatten sich 1993 der damalige bayerische Ministerpräsident Max Streibl mit dem tschechischen Premier Vaclav Klaus in München getroffen.

Bei einem Abendessen, das der tschechische Außenminister Karel Schwarzenberg am Sonntag für die Gäste aus München gab, hat Seehofer nach Angaben aus Teilnehmerkreisen die Verbrechen der Nationalsozialisten nachdrücklich verurteilt. Gleichzeitig sprach er auch die Vertreibung der Sudetendeutschen an, ohne dabei den Begriff der "Benes-Dekrete" zu verwenden. In tschechischen Regierungskreisen wurde die Begegnung als freundschaflich und "außerordentlich angenehm" beschrieben.

Zu den Teilnehmern des Abendessens gehörte auch Seehofers Reisedelegation, darunter als Vertreter der Sudetendeutschen deren Volksgruppensprecher, der CSU-Europaabgeordnete Bernd Posselt. Weitere Delegationsmitglieder sind die bayerische Europaministerin Emilia Müller, der Unternehmer Randolf Rodenstock als Repräsentant der bayerischen Wirtschaft sowie je ein Vertreter der katholischen Kirche und der jüdischen Gemeinden in Bayern.

Sie alle sind an diesem Vormittag beim Treffen Seehofers mit Ministerpräsident Necas, das nur im Beisein von Dolmetschern geführt wird, nicht anwesend. Hingegen nehmen Posselt und die anderen Delegationsmitglieder dann wieder an den geplanten weiteren Begegnungen teil, so an einer Zusammenkunft mit deutschen Unternehmern, die in Tschechien tätig sind. Außerdem stehen Besuche beim katholischen Erzbischof Dominik Duka sowie bei der Jüdischen Gemeinde und im Prager Büro der Sudetendeutschen Landsmannschaft auf dem Programm.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: