Nach dem Volksentscheid:Bayern drückt die Zigarette aus

Wenn es ums Rauchen in Gaststätten geht, halten die Wähler im Freistaat nichts von der Devise "Leben und leben lassen": Mit deutlicher Mehrheit haben sie der CSU-Regierung eine Ohrfeige verpasst.

Annette Ramelsberger

Die Bayern haben Ja gesagt - Ja zu einem absoluten Rauchverbot im Freistaat. Sie haben Ja gesagt zu Argumenten, Nein zu Legenden und Emotionen, die ihnen suggerieren sollten, sie würden mit einem strengeren Rauchverbot auch gleich die eigene Lebensfreude verbieten. Da wurde gemutmaßt, dass das Rauchen bald auch in den eigenen vier Wänden nicht mehr erlaubt sei.

Bayern-Votum zu Rauchverbot in der Gastronomie

Das strenge Rauchverbot kommt. Mehr als 60 Prozent der Wähler haben sich für ein neues Gesetz ausgesprochen.

(Foto: dpa)

Und mancher argwöhnte, demnächst würde wohl auch der Genuss von Bier und Schweinsbraten untersagt, am Ende gar noch das Skifahren - also so ziemlich alles, was den Menschen Spaß macht. Am Ende wallten die Emotionen hoch, es ging um Bauch gegen Kopf.

Mit deutlicher Mehrheit haben sich die Wähler für den Kopf und gegen den Bauch entschieden - was umso erstaunlicher ist, weil dieses Sommer-Fußball-Wochenende stark von Gefühlen bestimmt war. Die Menschen schwelgten in Träumen vom WM-Finale und zumindest am Samstag gab es keine Raucher und Nichtraucher mehr, sondern nur noch Fans.

Wer sich nach durchfeierter Nacht am Sonntag in die Wahlkabine schleppte, der musste schon sehr gute Argumente haben. Die gab es auch: Ärzte hatten sich für den Volksentscheid eingesetzt, die Grünen, die SPD und natürlich die kleine ÖDP, die den Volksentscheid erzwungen hatte. Sie verwiesen auf die sinkenden Zahlen von Herzinfarkten, seitdem in Italien das Rauchverbot gilt, und auf das Passivrauchen, an dem jedes Jahr Tausende Nichtraucher sterben.

Wie ein Fähnchen im Wind

Kurz vor der Abstimmung kam auch noch heraus, dass die Tabakkonzerne viel Geld ausgegeben haben, um das Votum zu beeinflussen. Viele Bürger allerdings wollten auch der Staatsregierung eins auswischen, die sich fast vier Jahre lang wie ein Fähnchen im Wind gedreht hatte - je nachdem, wie stark oder schwach sich die in Bayern maßgebliche CSU gerade gefühlt hatte. War die CSU stark, dann sollte das brutalstmögliche Rauchverbot gelten, war sie schwach, dann waren plötzlich Ausnahmen möglich. Am Ende entzog sich die Regierung vollends ihrer Aufgabe, Entscheidungen zu treffen und überließ den Bürgern die Abstimmung.

Diejenigen Wähler aber, die gegen das schärfere Gesetz gestimmt haben, sind natürlich nicht nur Ignoranten, viele von ihnen hatten einen durchaus bedenkenswerten Grund. Sie sagten Nein zu mehr Vorschriften, zu mehr Reglementierung, zu mehr Kontrolle. Die Bayern frönen von jeher dem Spruch "leben und leben lassen". Sie wollten niemandem vorschreiben, wo er seine Zigarette rauchen darf. Sie waren zufrieden mit einer Regelung, die sich eingespielt hatte und jedem Freiraum ließ.

Nun hat Bayern das strengste Nichtraucherschutzgesetz in Deutschland. Die bayerische Regierung muss bei der Durchsetzung des Gesetzes künftig auch bayerisches Maß zeigen - gegen Eiferer und für ein vernünftiges Zusammenleben. Wenigstens dieser Aufgabe sollte die Regierung gewachsen sein.

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