Peter Schaar im Chat:Vorsicht, Bürgernummernschild!

Im sueddeutsche.de-Chat warnt der Bundesdatenschutzbeauftragte davor, De-Mail-Adressen zum Datensammelbecken werden zu lassen und kritisiert den Umgang mit privater Videoüberwachung.

Ende des Jahres soll der Bundestag ein Gesetz verabschieden, dass den elektronischen Bürgerbrief De-Mail rechtlich mit Papierbriefen gleichsetzen soll.

Datenschutzbeauftragter lehnt auch neue Nacktscanner ab

Bundesdatenschutzbeauftragter Peter Schaar: Ein Fachmann, der auch mal aneckt.

(Foto: ddp)

Was die rechtsverbindliche Kommunikation über digitale Kanäle erleichtern soll, hat aber auch seine Schattenseiten, warnte der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar im Chat mit Nutzern von sueddeutsche.de.

So besteht Schaar darauf, dass De-Mail auch unter Pseudonym genutzt werden kann. "Sonst sehe ich die Gefahr, dass die De-Mail-Adresse zu einer Art Personenkennzeichen werden könnte, mit dessen Hilfe alle möglichen Daten in staatlichen und nicht-öffentlichen Stellen zusammengeführt werden können", schrieb Schaar in der Diskussion mit Nutzern. Ein solches Personenkennzeichen sei nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unzulässig.

Die Debatte mit den sueddeutsche.de-Nutzern beschränkte sich jedoch nicht auf das De-Mail-Thema. So gab Schaar Auskunft über die Grenzen der Videoüberwachung des öffentlichen Raumes durch Privatpersonen und -unternehmen.

Hier herrsche häufig ein "Mangel bei der Durchsetzung der gesetzlichen Vorgaben". Eigentlich sei Videoüberwachung nur zur Wahrnehmung des Hausrechts oder "berechtigter Interessen für konkret festgelegte Ziele" erlaubt - in der Regel gehöre beispielsweise die Überwachung von Gehwegen nicht dazu. Dies werde in der Praxis jedoch oft nicht bemängelt.

Zweifel an Europol-Rolle

Schaar kritisierte erneut das SWIFT-Abkommen zur Weitergabe internationaler Überweisungsdaten von der EU an die USA. Auch die neue Version, die am 1. August in Kraft tritt, werde dazu führen, "dass nicht bloß Daten mit unmittelbarem Bezug zum internationalen Terrorismus in die USA transferiert werden." Schaar erwartet vielmehr, dass "die bei weitem meisten Daten Überweisungsvorgänge betreffen, die keinerlei Bezug zu terroristischen Aktivitäten haben."

Die Überprüfung durch Europol kritisierte er, da die Behörde als Strafverfolgungsorgan mit den USA zusammenarbeite - und somit von der Datensammlung profitieren könnte. "Vor diesem Hintergrund kann ich mir nicht vorstellen, dass der für die Prüfung der US-Anfragen zuständige Europol-Beamte allzu streng handeln wird."

Schaar kündigte an, im Oktober gemeinsam mit den Datenschutzbeauftragten der Länder die Modernisierung des Datenschutzrechts voranzutreiben. Ein Eckpunktepapier liegt bereits vor, am 4. Oktober sollen die Ideen auf einem Symposium diskutiert werden.

Die politische Debatte zu Internetthemen bewertet Schaar offenbar positiver als früher: "Ich habe den Eindruck, dass sich die Internet-Kompetenz der aktiven Politikerinnen und Politiker in den letzten Jahren deutlich verbessert hat."

Lesen Sie das komplette Chat-Transkript hier.

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