Bankgebühren:Arme Kunden unerwünscht

Eigentlich müssen Banken mittellosen Bürgern ein Konto anbieten. Sie winden sich aber mit Tricks aus dieser Pflicht heraus.

Hannah Wilhelm

Er hat sein Konto bei der Saalesparkasse. Schon immer eigentlich. Solange der 32-Jährige denken kann. Auch als er sich vor ein paar Jahren überschuldete und das Konto gepfändet wurde. Mittlerweile hat er einen Job und stottert monatlich seine Schulden ab. Doch plötzlich will ihn nun die Saalesparkasse nicht mehr als Kunden haben. Außer, wenn er plötzlich zwölf statt 2,50 Euro im Monat an Gebühren zahlt. Das schreibt ihm die Saalesparkasse Ende April. Viel Geld für einen 32-Jährigen, der kaum 1000 Euro im Monat verdient.

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Sparkassen-Logo: "Wir kündigen den Kontoführungsvertrag"

(Foto: ddp)

Ungeliebtes P-Konto

Er wundert sich. Und er ist verzweifelt. Denn weder weiß er, wie er das Geld aufbringen, noch, was er ohne Konto machen soll. Was der 32-Jährige nicht weiß: Schuld an dem Vorgang ist vermutlich ein neues Gesetz, das zum 1. Juli in Kraft tritt. Der Hintergrund: Wer Schulden hat und dessen Vermögen deshalb gepfändet wird, der hat es im Umgang mit seinem Girokonto oft schwer. Ist das Konto wegen der Pfändung gesperrt, kann er selbst über kleine Beträge für den Alltag nicht mehr verfügen.

Deshalb hat die Regierung zum 1.Juli das sogenannte P-Konto eingeführt, das Pfändungsschutzkonto. Ein Betrag von monatlich knapp 1000 Euro ist auf diesem vor Pfändung geschützt und kann vom Schuldner für den alltäglichen Bedarf wie Miete, Strom, Essen und Versicherungen verwendet werden. Die Bank darf das P-Konto nicht kündigen, solange es genutzt wird und der Inhaber die Gebühren dafür zahlt.

Wer nicht zahlt, dem wird gekündigt

Das scheint nun jedoch einigen Kreditinstituten übel aufzustoßen. Sie wollen sich nicht gerne dazu zwingen lassen, ein Konto zu führen. In Bankenkreisen ist zu hören, dass einige Institute nun überlegen, zusätzliche Gebühren für das Führen solcher Konten zu erheben. Oder Kunden, die nicht so zahlungskräftig sind, vorsorglich vorher zu kündigen. Schuldner sind eben keine angenehmen Kunden und die Verwaltung der P-Konten aufwändiger.

Verbraucherschützer werten die Briefe, die die Saalesparkasse aus Halle derzeit verschickt, als eine Reaktion auf eben dieses P-Konto. In dem Brief, den auch der junge Mann erhalten hat, heißt es: "Für den Fall einer Ablehnung des erhöhten Kontoführungsentgeltes durch Sie, kündigen wir den Kontoführungsvertrag hiermit zum Ablauf des 17.06.2010." Ein Schlag ins Gesicht.

Kein Konto zu besitzen, das kann Menschen aus der Gesellschaft ausgrenzen. Dementsprechend haben die Briefe eine Menge Angst verbreitet. Und Unverständnis. Nicht nur der 32-Jährige hat sich hilfesuchend eines Morgens an Astrid Albrecht gewendet, die Leiterin der Schuldnerberatung der Stadt Halle. Zahlreiche weitere Schuldner haben den Brief bekommen.

"Das ist nicht zumutbar"

"Das ist nicht zumutbar", sagt Achim Tiffe vom Institut für Finanzdienstleistung in Hamburg. Der Gesetzgeber habe doch durch die Einführung des P-Kontos genau das Gegenteil erreichen wollen, nämlich besonders armen und überschuldeten Bürgern den Zugang zu einem Konto zu garantieren und diesen eben nicht mit zusätzlichen Kosten zu verbinden - so stehe es im Gesetz. Tiffe ist der Meinung, die Saalesparkasse versuche durch die angedrohten Kontokündigungen das Gesetz zu umgehen. Er rechnet damit, dass viele andere Banken bald nachziehen werden. Bei der Saalesparkasse argumentiert man, das Institut müsse "die wirtschaftlichen Gesichtspunkte berücksichtigen", und spricht von einem "erhöhten Kontoführungsaufwand".

Der 32-Jährige immerhin hat Glück gehabt: Astrid Albrecht hat sich bei der Sparkasse für ihn stark gemacht. Er darf sein Konto behalten. Bei den anderen Betroffenen bleibt das Geldinstitut bisher allerdings hart. Und die Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt prüft nun, ob sie rechtlich gegen die angedrohten Kündigungen vorgehen kann.

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