Einheitliche EU-Überweisungen ab 2014:Banken droht Konto-Chaos

Lange Europa-Kontonummern werden Pflicht

Vom 1. Februar 2014 an müssen Unternehmen und Vereine alle Banküberweisungen und Lastschriftbuchungen mit den neuen Sepa-Nummern abwickeln.

(Foto: dpa)

Nur noch fünf Monate bleiben, um auf die EU-Kontonummern umzustellen. Doch den deutschen Kreditinstituten fehlt Personal, um den Wechsel reibungslos zu meistern, warnt eine Bankengewerkschaft. Das wäre für Kunden ärgerlich: Überweisungen könnten sich verzögern.

Von Andrea Rexer, Frankfurt

Die deutschen Banken sind auf die Umstellung auf die neuen europäischen Kontonummern nicht ausreichend vorbereitet, warnt die Bankengewerkschaft DBV. "Es fehlt vor allem an zusätzlichem Personal in der Hochphase der Umstellung", sagt DBV-Vorstand Stephan Szukalski.

Vom 1. Februar 2014 an müssen Unternehmen und Vereine alle Banküberweisungen und Lastschriftbuchungen mit den neuen, viel längeren Sepa-Nummern abwickeln. Obwohl bisher nur wenige Firmenkunden umgestellt haben, sind die entsprechenden Abteilungen in den Banken schon jetzt überlastet, berichtet der Gewerkschafter. Denn viele der Belege, die sie von Kunden bekommen, müssen manuell nachbearbeitet werden. Die Nachbearbeitung eines Sepa-Belegs dauert länger als die eines alten Belegs: Die neue Kontonummer ist mit 22 Stellen deutlich länger als die bisherige. Künftig werden in der neuen Iban Kontonummer und Bankleitzahl kombiniert, dazu kommt ein Länder- und ein Sicherheitscode.

"Ohne zusätzliches Personal droht das Chaos"

"Die Mitarbeiter machen schon jetzt erheblich Überstunden - und das, obwohl derzeit nur ein kleiner Teil der Überweisungen im neuen Format abgewickelt wird", so Szukalski. Er erwartet, dass der Aufwand für manuelle Nachbearbeitungen bis Februar weiter zunimmt, weil immer mehr Unternehmen und Vereine Sepa nutzen werden. "Ohne zusätzliches Personal droht das Chaos", so der Gewerkschafter. Denn dann können in den Spitzenzeiten die Überweisungen möglicherweise nicht rechtzeitig abgewickelt werden. Unternehmen, Vereine und Privatpersonen müssten dann mit erheblichen Verzögerungen rechnen.

Besonders brisant dürfte das Problem zum Jahreswechsel hin werden. Denn nach einer Umfrage der Bundesbank plant nur ein kleiner Teil der Unternehmen, die neuen Kontonummern vor dem 1. Februar einzuführen: Im Handel wollen weniger als fünf Prozent die Umstellung früher vollziehen, in der Industrie weniger als 20 Prozent. Das verschärft das Problem für die Banken weiter: Denn wenn alle Unternehmen gleichzeitig - kurz vor knapp - im Januar auf das neue System umschalten, fällt der zusätzliche Bearbeitungsaufwand punktuell an.

Auch die Bundesbank nimmt das Personal-Problem ernst. "Wir haben für unsere Mitarbeiter in den entsprechenden Abteilungen einen Urlaubsstopp verhängt", sagt ein Sprecher der Bundesbank und weist darauf hin, dass die Geschäftsbanken mit wesentlich mehr Aufwand rechnen müssen als die Bundesbank. Denn sie sind es, die die Kontobewegungen abwickeln müssen. Damit gibt die Bundesbank den Geschäftsbanken einen deutlichen Hinweis darauf, dass sie vor dem Personal-Problem im Zahlungsverkehr nicht die Augen verschließen sollten.

Erstaunlich beratungsresistent

Doch in den Geschäftsbanken ist die Botschaft bislang nur beschränkt angekommen. Alle Bankenverbände sehen sich bestens auf die Umstellung vorbereitet. Von den großen Bankenverbänden hat nur der Sparkassenverband DSGV seinen Mitgliedsinstituten explizit empfohlen, mit höherem Personalaufwand zu planen. "Wir gehen davon aus, dass sich die Kunden erst einmal an die neuen Sepa-Überweisungsvordrucke und an das korrekte Ausfüllen gewöhnen müssen. Deswegen gehen wir in einer Anfangsphase von einem erhöhten Korrekturaufwand aus", sagt eine DSGV-Sprecherin. Schon jetzt stelle man fest, dass bei Sepa-Belegen doppelt so viele Fehler gemacht werden wie bei den bisherigen Transaktionen.

Beim Verband der Privatbanken (BdB) ist man sich des Problems bewusst, hat aber noch keine Empfehlung an die Mitgliedsbanken herausgegeben. Der Genossenschaftsverband BVR rechnet hingegen nicht mit Zusatzaufwand und sieht daher keinen Bedarf für zusätzliches Personal. Man hofft, die Fehlerquote durch intensive Beratung der Kunden niedrig zu halten.

Entspannter ist die Umstellung für Privatkunden

Doch die Kunden haben sich bisher gegen die Einführung der Sepa-Nummern in Deutschland erstaunlich beratungsresistent erwiesen. Obwohl Vertreter der Bundesbank und der Unternehmensverbände seit Wochen durch das Land touren, um die Unternehmen zu warnen, dass sie bei Untätigkeit im schlimmsten Fall sogar pleitegehen können, weil sie keine Zahlungen abwickeln können, ist bislang wenig passiert. Die für Lastschriften notwendige Identifikationsnummer wurde in Deutschland bis Mitte August erst in knapp 713.000 Fällen beantragt - obwohl es bundesweit 3,6 Millionen Unternehmen gibt.

Die neuen Regeln gelten auch für Kleinstbetriebe und Vereine. Dass Unternehmen bei der Umstellung zögern, kann auch eine Kostenfrage sein: Viele Unternehmen müssen deswegen ihre Computersoftware anpassen. Im europäischen Vergleich hinkt Deutschland bei den Vorbereitungen deutlich zurück: Im Euro-Raum lag der Sepa-Anteil bei Überweisungen im Juni bei knapp 50 Prozent, in Deutschland lag er im ersten Quartal nur bei knapp neun Prozent.

Entspannter ist die Umstellung für Privatkunden: Sie können zwar schon jetzt die neuen Nummern verwenden, verpflichtend wird das jedoch erst zwei Jahre später, ab 2016.

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