Pliening:Billi Jean am Wirschtlstandl

Pliening: Haben das Publikum im Ottersberger Kulturstadl von Anfang an fest im Griff: Martin Schmid und Stefan Leonhardsberger.

Haben das Publikum im Ottersberger Kulturstadl von Anfang an fest im Griff: Martin Schmid und Stefan Leonhardsberger.

(Foto: Christian Endt)

Stefan Leonhardsberger und Martin Schmid begeistern bei den Stadlkulturtagen mit ihren österreichischen Versionen bekannter Popsongs - und viel Charme

Von Sandra Langmann, Pliening

"Heit geh mas gonz entsponnt aun", verkündet Stefan Leonhardsberger mit tiefer, rauer Stimme. Dabei gibt der Österreicher sich überhaupt keine Mühe, auch nur ansatzweise Hochdeutsch zu sprechen. Dafür hat der Musikkabarettist schließlich einen Spetzl aus Augsburg, Martin Schmid, in petto. Gemeinsam präsentierten sie am Sonntag bei den Ottersberger Stadlkulturtagen ihr Programm "Da Billi Jean is ned mei Bua". Wie der Titel bereits erahnen lässt, transferierte das Duo dafür allerhand Popsongs bekannter Interpreten wie Michael Jackson, Robi Williams oder Rihanna ins Österreichische.

Um in die Entspannung gleich "amol eine zum kemman", beginnt der Oberösterreicher Leonhardsberger ganz ruhig und mit langsamen Tönen. Ganz lässig, mit schwarzem Sakko und hochgezogenen Augenbrauen, überrascht er die Zuschauer mit seiner Lockerheit, seinem Charme und seiner Coolness. Doch wie der Sänger berichtet, war das nicht immer so, denn eigentlich stamme er aus dem Mühlviertel, dem "Auenland Österreichs. Do, wo die klanen Männer mit hoarige Fiaß wohnen", und er selbst mit Abstand de Größte sei. Und auch den nächsten biografischen Schritt erzählt Leonhardsberger in Analogie zu Tolkiens "Herr der Ringe": Mit 20 Jahren habe es ihn die große weite Welt verschlagen, und zwar nach "Mordor - also Wien". Gefallen hat es ihm da zunächst nicht. "Do ziang die Leit a Gfries, so schauts aus as Paradies".

Doch schon bald lernt Leonhardsberger den "Ladies-Man Tonic, auf den die Frauen nur so fliegen", kennen - und mit ihm das Wiener Nachtleben. Da heißt es: Rein ins P1 und Frauen aufreißen. Zum Beispiel Alexandra, der die Musiker denn auch gleich ein Lied widmen: "Alejandro" von Lady Gaga, ein Song, bei dem der Oberösterreicher sich schon einmal gerne vergisst. Zu spanischen Rhythmen schwingt er die Hüften, die Hände schwirren wild in alle Richtungen. Dabei spielt er mit seiner Mimik, blinzelt verschmitzt ins Publikum und fährt sich selbstsicher durchs Haar.

Doch da Tonic mit ziemlich vielen Frauen verkehrt, bleibt es nicht aus, dass eines Tages Post im "Briafkastl" landet - mit der frohen Botschaft, dass der Spetzl Papa wird. Da ist Schluss mit lustig, es geht vor Gericht. "Da Billi Jean is net mei Bua", beteuert Leonhardsberger sogleich in bester Michael-Jackson-Manier. Á la King of Pop trifft er mit Kopfstimme die hohen Töne, greift sich in den Schritt und präsentiert - bis auf den Moonwalk - alle bekannten Dancemoves der Legende. Danach lässt er sich vollkommen außer Atem auf seinen Hocker fallen. "I kaun dabei holt net mit angezogener Handbremse foahn", sagt er.

Da das Programm aber nicht nur Musik, sondern schon auch Kabarett bieten solle, wolle man auf politische Seitenhiebe nicht verzichten, erklärt das Duo. Nach fünf Wochen reiflicher Überlegung - "Fünfeinhalb", wirft Schmid mit typisch deutscher Genauigkeit ein - war sich schließlich "die ganze Band" einig: "Wir hom gsogt, ok", und der letzte Konsonant wird vom Österreicher besonders cool betont, "wir widmen uns am besonders wichtigen Thema - der Sommerzeitumstellung". Aus "Sommertime sadness" von Lana del Rey wird also kurzerhand "Sommerzeit-Jetlag".

Doch Leonhardsberger und Schmid können auch ganz anders und ohne Anstrengung vom Pop in den Hip Hop wechseln. Um zum Beispiel das "Wirschtlstandl" als letzten demokratischen Ort der Gesellschaft zu besingen, greifen sie auf "Candy-shop" von 50 Cent zurück. Leonhardsberger rappt dabei so schnell von knackigen Käsekrainern und Co., dass sich die Worte in seinem Mund beinahe überschlagen. Und Martin Schmid entpuppt sich als echter Gangster, der sich sichtlich schwer tut, nach den "harten Beats" zurück in die weichgespülte Realität zu finden.

Das Kennenlernen des Deutschen und des Österreichers beruht übrigens auf einem veritablen Missverständnis: "Eigentlich hat Martins Auto Schuld", sagt Stefan Leonhardsberger und lacht. Auf dem Nummernschild des Augsburgers nämlich sei ein "A" abgebildet - weswegen er ihn für einen Landsmann gehalten habe. Als sich der Irrtum aufgeklärt habe, sei es bereits zu spät, die Zusammenarbeit schon beschlossene Sache gewesen. "Dann musste ich es durchziehen", so Landsberger.

Doch welch ein Glück! Diese beiden Musiker sind sich für nichts zu schade und bringen sämtliche Performances grandios über die Bühne. Die Melodien der bekannten Popsongs liefern den berühmten Wiedererkennungseffekt, so dass das Publikum von Anfang an bei der Sache ist. Obendrein bieten Leonhardsberger und Schmid österreichische Texte, die stets ins Schwarze treffen und bestens unterhalten Dazwischen gibt es witzige Anekdoten wie die, dass die Amerikaner gar nicht die Ersten auf dem Mond gewesen seien. "Das waren nämlich wir", erklärt Leonhardsberger stolz. Mit einem "Austronauten" sei die Rakete gestartet, doch wie gewohnt sei nicht alles ganz rund gelaufen. So tropfte es nicht nur von der Decke, auch die Bodenstation ging einfach in Frühpension.

Humorvoll, charmant, mit viel Schmäh und Selbstironie setzt diese Zweimann-Band immer wieder einen oben drauf, ohne aufgesetzt zu wirken. "Anfoch supa guat", wie der Oberösterreicher so schön sagen würde.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: