Erding:Partnerschaft mit Hindernissen

Yad Vashem - Gedenkstätte in Jerusalem

Das Anne-Frank-Gymnasium hat auch mit der ISHS, die zur Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem gehört, eine Partnerschaft. Im Bild ist die "Hall of Names" im Holocaust Memorial Museum zu sehen.

(Foto: Jim Hollander/dpa)

Treffen zwischen Gymnasiasten des Anne-Frank-Gymnasiums und Schülern aus Israel wurden aus Angst vor Anschläge schon mehrmals abgesagt. In diesem Jahr scheitert eine Jerusalem-Reise aber an der Finanzierung.

Von Veronika Wulf, Erding

- Mal lag es an der einen Seite, mal an der anderen: Eine Partnerschaft mit einem Land wie Israel ist nicht so einfach. Das merkten Schüler und Lehrer des Anne-Frank-Gymnasiums (AFG) in Erding bereits 2014, als sie eine Reise nach Jerusalem absagen mussten, aus Sorge vor Anschlägen. Doch auch Schüler einer High School aus Tel Aviv kamen doch nicht nach Erding - aus dem selben Grund: Terrorgefahr. Da zu einem Austausch zwei gehören, reisen die Erdinger im März auch nicht nach Tel Aviv, wie es eigentlich geplant war. Trotzdem pflegt das AFG eine enge Beziehung zu Israel, denn es unterhält auch noch die Partnerschaft mit der Internationalen Schule für Holocauststudien (ISHS) in Yad Vashem in Jerusalem.

Alles war ausgemacht: Zehn Tage im Oktober 2016 sollten 15 Schüler aus Tel Aviv im Alter von 15 bis 17 Jahren nach Erding kommen. Gemeinsam mit Gymnasiasten des AFG hätten sie das Reichstagsgelände in Nürnberg besichtigt, das KZ in Dachau, und den Hundertwasserturm in Regensburg. Sie hätten Salzburg besucht, die Therme und den Freizeitpark in Erding. Auch eine Münchenfahrt stand auf dem Programm und die war schließlich der Auslöser für die Absage. "Die Israelis hatten Angst vor Anschlägen in der S-Bahn nach München", sagt Helma Wenzl, die Direktorin des AFG. Kurz vor der Absage im Juli war ein junger Afghane in Würzburg mit Messer und Axt auf Zugfahrer und eine Spaziergängerin losgegangen und in Ansbach hatte ein Syrer mit einer Rucksackbombe 15 Menschen verletzt und sich selbst getötet. Die Gastschüler blieben lieber in Tel Aviv. "Unsere Schüler waren natürlich enttäuscht, dass die Israelis nicht kommen", sagt Birgit Schiewitz, Lehrerin am AFG, die an dem geplanten Austausch beteiligt war. "Aber ein bisschen hatte man es fast schon erwartet." Es sei nun mal "eine schwierige Zeit" gerade. Da es ein gegenseitiger Austausch sein sollte, wurde auch der Besuch der Erdinger in Tel Aviv, der nach den Faschingsferien stattfinden sollte, abgeblasen. Es sei "ungut", wenn israelische Familien deutsche Schüler bei sich aufnähmen, ohne dass ihre Kinder im Gegenzug ebenfalls kommen würden, so Wenzel. Einen neuen Termin für beide Besuche gibt es noch nicht.

Kooperation mit Schule für Holocauststudien

Doch neben dem versuchten Austausch mit Tel Aviv ist da ja noch die Partnerschaft mit der ISHS, die zur Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem gehört. Im März sind es vier Jahre, dass das AFG mit der Schule für Holocauststudien kooperiert. Das Erdinger Gymnasium hat die Partnerschaft am 19. März 2013 zusammen mit einem Gymnasium aus Nürnberg und einem aus Ingolstadt gestartet. Damit waren die drei bayerischen Gymnasien deutschlandweit die ersten Schulen, die mit der israelischen Einrichtung zur Aufarbeitung des Holocausts kooperierten. Seither stehen Erdinger Schüler und Lehrer regelmäßig in Kontakt mit Yad Vashem.

Das AFG, das seit 2005 den Namen des 1945 im Konzentrationslager Bergen-Belsen ermordeten jüdischen Mädchens trägt, nennt sich seit über 15 Jahren eine "Schule ohne Rassismus". Regelmäßig veranstaltet das Gymnasium Projekte gegen Diskriminierung sowie - im Rahmen der Jerusalem-Partnerschaft - Seminare über den Holocaust. Lehrer des AFG nutzen nicht nur Unterrichtsmaterialien aus Yad Vashem, sondern die Schule steht auch in regelmäßigem Austausch mit der ISHS. Zu der hat sie einen besonderen Kontakt: Noa Mkayton, eine ehemalige Deutsch- und Musiklehrerin am AFG, die nach Israel ausgewandert ist, leitet inzwischen die deutschsprachige Abteilung der ISHS. Bei dieser Partnerschaft gelangen auch mehrere Besuche: Zuletzt reiste eine Gruppe von rund zehn Schülern der zehnten bis 12. Klassen des AFG mit ihren Lehrern im Frühjahr 2016 zur ISHS und der benachbarten Gedenkstätte Yad Vashem nach Jerusalem. Sie besuchten ein dreitätiges Seminar, eine historische Stadtführung und das Israelmuseum.

Dieses Jahr wird das AFG jedoch keine Jerusalem-Reise unternehmen, nicht wegen Terrorgefahr, sondern aufgrund der Finanzierung. Bisher bezuschussten der Bayerische Jugendring und die Landeszentrale für politische Bildung die Fahrten - zumindest für die Schüler, die Lehrer zahlten laut Wenzl ihren Anteil selbst. Die Förderung müsse beantragt werden und es könnten nicht jedes Jahr die gleichen Schulen ankommen, sagt die Schulleiterin.

Auch die Erdinger machten schon einen Rückzieher

Nicht nur die Gruppe aus Tel Aviv sagte übrigens ihren Besuch ab. Auch die Erdinger Seite musste schon mal einen Rückzieher machen - vier Tage vor Abflug. Denn eigentlich sollte eine Schülergruppe mit ihren Lehrern bereits 2014 nach Jerusalem reisen. Die Fahrt wurde dann aber auf Juli 2015 verlegt, wegen des Kriegs im Gaza-Streifen und der Bombenangriffe der Hamas auf Israel.

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