Zum Tod von Karl-Heinz Wildmoser:Der Schimpfer ist verstummt

Der Großgastronom und frühere Präsident des TSV 1860 München, Karl-Heinz Wildmoser, ist im Alter von 71 Jahren gestorben. Er erlitt einen Herzstillstand. München hat eines seiner großen Originale verloren.

Lisa Sonnabend

Geschimpft hat Karl-Heinz Wildmoser immer, bis zum Schluss. Auch als der 71-Jährige vor zwölf Tagen ins Klinikum Rechts der Isar musste - angeblich weil er ein Medikament nicht vertragen hatte -, hat er nicht aufgehört, gegen seinen liebsten Feind zu stänkern: den FC Bayern.

Karl-Heinz Wildmoser ist tot

Karl-Heinz Wildmoser ist tot: Am Mittwoch starb der Großgastronom und frühere Präsident des TSV 1860 München.

(Foto: ddp)

Er kritisierte den Vereinspräsidenten Uli Hoeneß über eine Münchner Boulevardzeitung: "Hoeneß will den Nachbarverein kaputtmachen, damit er der Alleinige ist. Er will in München der König sein." Gegenüber einer anderen Boulevardzeitung witzelte der Großgastronom und frühere Präsident des TSV 1860 München vom Krankenbett aus: "Ganz ehrlich, die Krankenschwestern tun mir leid. Nein, ich möchte mich selbst wirklich nicht als Patient haben."

Doch es war viel ernster um Wildmoser senior bestellt. In der vergangenen Woche war er im Krankenhaus am Kopf operiert worden - wegen eines gutartigen Tumors, der bei der Einlieferung ins Krankenhaus entdeckt worden war. Am Mittwochmorgen starb Wildmoser im Alter von 71 Jahren an einem Herzstillstand als Folge einer Lungenembolie.

Kalr-Heinz Wildmoser stand von 1992 bis 2004 an der Spitze des TSV 1860 München. Während seiner Amtszeit stiegen die Löwen von der Bayernliga in die Bundesliga auf, beinahe hätte es sogar für die Champions League gereicht. Er war der Mann hinter dem Erfolg.

Die Verdienste von Wildmoser für den TSV 1860 München sind beachtlich. Als Vorstand des Unterklassen-Klubs SC Armin kam er zu den Löwen. Mit seinem Geld, Charme und Netzwerken zog derUnternehmer Sponsoren an Land, engagierte Spieler, ja sogar Stars und verhalf dem gebeutelten TSV 1860 München zu einer neuen glorreichen Zeit.

Der letzte Patriarch der Bundesliga

Sechziger-Fans allerdings werfen Wildmoser vor, dass der Verein seinetwegen die Identität als Giesinger Arbeiterverein verloren habe, dass Wildmoser den Verein in finanziell schlechtem Zustand hinterließ, dass er zu autokratisch geherrscht hatte - und es deswegen nach ihm bergab gehen musste.

Und so kam es. Der TSV 1860 München befindet sich in einem tiefen Streit mit dem FC Bayern wegen der gemeinsam genutzten Allianz Arena und spielt heute in der Zweiten Bundesliga - näher am Ab- als am Aufstieg. In diesem Jahr feiern die Löwen ihr 150-jähriges Vereinsjubiläum, doch zum Feiern ist bei weitem nicht allen zumute.

2004 hatten die Sechziger ihren Allgewaltigen Wildmoser fortgejagt - im Zuge der Bestechungsaffäre um seinen Sohn, den früheren Stadion-GmbH-Geschäftsführer Karl-Heinz Wildmoser junior. Wildmoser senior saß sogar für ein paar Tage in Untersuchungshaft. Ihm war jedoch nichts nachzuweisen, sein Sohn entlastete ihn.

"Lieber mach' ich einen Umweg"

In einem Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung sagte Wildmoser vor gut zwei Monaten über die Zeit bei den Sechzigern: "Meine G'sundheit hab i ruiniert. Mein G'schäft hab i vernachlässigt. Meine Familie ist auseinanderbrochen. Für diese Leistung, die ich da abg'liefert hab'. Und ehrenamtlich wohlgemerkt."

Die Verbitterung war in den vergangenen Jahren nicht mehr zu überhören. Er sagte in dem Gespräch noch, dass er nicht mehr an dem Trainingsgelände an der Grünwalder Straße vorbeifahre: "Lieber mach' ich einen Umweg." Er sagte, er fahre auch nicht mehr an der Allianz Arena in Fröttmaning vorbei: "I will ja net nach Nürnberg."

Er schimpfte über die Blauen genauso wie über die Roten. Über den ehemaligen Sechziger-Trainer Werner Lorant oder eben über Hoeneß. Nur über Franz Beckenbauer nicht. Den ehemaligen Präsidenten des FC Bayern bezeichnete er als "den einzigen Anständigen in dem Verein".

Seit die Zeit beim TSV 1860 vorbei war, konzentrierte sich Wildmoser auf seine Gaststätten: das Lokal Donisl am Marienplatz, der Gasthof Hinterbrühl an der Isar und die Hühner- und Entenbraterei auf dem Oktoberfest.

Oft war er im Gasthof Hinterbrühl anzutreffen. Die Figur immer noch stattlich, der Zwirbelschnauzer ordentlich zurechtgestutzt. Seine Gäste begrüßte er immer charmant mit einem "Griaßt's Euch" oder "Mahlzeit".

"Für uns alle kam sein Tod unerwartet", sagt 1860-Präsident Rainer Beeck. Und Sportdirektor Miroslav Stevic findet: "Karl-Heinz Wildmoser war immer authentisch, ein Typ ohne Zweifel, eine große Persönlichkeit bei 1860 und im deutschen Fußball."

Die Münchner werden Wildmosers Art und sein Schimpfen vermissen. Die Stadt hat eines ihrer großen Originale verloren.

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