Streit um Aktion zu Sarrazin-Lesung:Satire im Rundfunkrat

Vor einem Auftritt von Thilo Sarrazin warben BR-Journalisten für eine fiktive rechtsextreme Partei. Nun wurde der Fall im Rundfunkrat diskutiert.

Tobias Dorfer und Kathrin Haimerl

Was darf Satire? Und vor allem: Darf Satire im öffentlich-rechtlichen Fernsehen Gebührenzahler vorführen? Mit dieser Frage hat sich am Donnerstag der Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks (BR) beschäftigt - auf Wunsch von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Den Anlass lieferte das BR-Jugendprogramm on3-Südwild, dessen Reporter Ende September vor einem Auftritt von Thilo Sarrazin in München für eine fiktive rechtsextreme Partei geworben haben.

Streit um Aktion zu Sarrazin-Lesung: Die Aktion der Südwild-Redaktion zur Sarrazin-Lesung empörte den Innenminister.

Die Aktion der Südwild-Redaktion zur Sarrazin-Lesung empörte den Innenminister.

Vor allem Herrmann reagierte darauf sehr unwirsch, "völlig indiskutabel" sei das Vorgehen der Reporter. Die Sache müsse schleunigst in den Rundfunkrat. Da lag die Sache nun und sollte am Donnerstag behandelt werden - unter Tagesordnungspunkt sechs: Programmbeobachtung.

Etwa eine halbe Stunde widmete sich das Gremium der Aktion, schaute den Beitrag noch einmal an und ließ den Fall dann auf sich beruhen - so erzählt es der Landtagsabgeordnete Ludwig Hartmann, der für die Grünen im Rundfunkrat sitzt. Die Mitglieder seien sich einig gewesen, dass die Sendung "nicht zu kritisieren" sei. Einzig zwei kleinere handwerkliche Fehler seien moniert worden.

Zuvor hatte sich auch das Münchner Kreisverwaltungsreferat (KVR) mit dem Fall befasst. Auf Drängen der Polizei sollten die Beamten prüfen, ob die Reporter gegen das Versammlungsgesetz verstoßen haben. Doch das KVR sah kein Vergehen und hat den Fall inzwischen zu den Akten gelegt. Die Aktion sei "keine unangemeldete Versammlung" gewesen, sagte ein Sprecher.

Bei dem Streit geht es um einen Ausschnitt von knapp vier Minuten. Der BR hatte zwei Reporter zur Sarrazin-Lesung geschickt. Als solche gaben sie sich dort aber nicht zu erkennen. Vielmehr präsentierten sie sich als akkurat gescheitelte Herren, die basierend auf den Thesen von Sarrazin für die rechtslastige Partei "Natio" werben wollten. "Aufwachen Deutschland", stand auf einem Plakat. Und: "Man merkt den Unterschicht."

Hartmann hatte Herrmann, der auch dem Rundfunkrat angehört, zusammen mit Parteikollegin Christine Stahl einen Brief geschrieben und die Reporter verteidigt. Aufklärung dürfe unterhalten, heißt es im Schreiben. "Vor diesem Hintergrund können wir nicht erkennen, welche Ordnungswidrigkeit oder gar Straftat die beiden Redakteure verbrochen hätten."

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