Trend:Der Münchner trägt in diesem Sommer Sonnenbrand

Ausflügler im Englischen Garten

Besonders gut lässt sich der Sonnenbrand etwa im Englischen Garten stylen.

(Foto: dpa)

Socken in Sandalen - ja oder nein? Modisch sind die warmen Monate eine Herausforderung. Dieser Trend ist dagegen ziemlich schnell und günstig zu haben.

Kolumne von Christiane Lutz

Der Sommer verwandelt den Münchner in eine leichtere Version seiner selbst. Er futtert tonnenweise orangefarbene Käsecreme und fährt mit seinem Auto sommerlich die Leopoldstraße auf und ab und auf und ab. Alles ist schöner.

Modisch ist der Sommer allerdings eine Herausforderung. Blogs und Magazine haben bis zum Abwinken diskutiert: Kurzärmelige Hemden - ja oder nein? Socken in Sandalen - ja oder nein? Überhaupt Sandalen - okay oder igitt? Zusammengefasst: Eigentlich kann man im Sommer überhaupt nichts tragen, ohne blöd dabei auszusehen. Männer sowieso nicht.

In dieser um ihre Außenwirkung besorgten Stadt entschließen sich deshalb viele dazu, Sonnenbrand zu tragen. Er ist, im Gegensatz zu seinem ästhetischen Bruder, der Tätowierung, ziemlich schnell und günstig zu haben. Möglichst viel Haut möglichst lang in die pralle Sonne legen, fertig. Das it-Piece 2017 sieht man jetzt überall: Junggesellenabschiede tragen knallrote Hautkragen zu ihren "Last night out"-Shirts, wenn sie im Bierbike den Verkehr auf der Maximilianstraße bereichern.

Leger stylen ihn die Studierenden, die ihre glühenden Waden in den Eisbach hängen, verbrannt beim Schwänzen des Proseminars "Spätbyzantinische Architektur". Selbst im Schumann's trägt man zur schwarzen Sonnenbrille jetzt die rote Nase als Statement, am Nachmittag im Cabrio bei Starnberg eingefärbt.

Sonnenbrand ist demokratisch. Sonnenbrand ist subversiv. Sonnenbrand steht für die Unvernunft der Gefühle und ist somit höchst romantisch. Besonders in München, dieser in Sicherheit verknallten, Fahrradhelme tragenden, Kreuzchen auf Gehwege vor Bars malenden Stadt, ist der Sonnenbrand Rebellion. Neben dem modischen Aspekt demonstriert ein ordentlicher Sonnenbrand außerdem eine gesunde Work-Life-Balance sowie fabelhaftes Wetter, auf das hier leidenschaftlich gern hingewiesen wird. Heißa, war's an Fronleichnam wieder schön!

Die Stadt, die durch drohende Diesel-Fahrverbote und drohende Mückenplage einiges an Attraktivität einzubüßen fürchtet, wittert nun die Chance, ihr Image coolnessmäßig aufzupolieren. So tut sie ihr Möglichstes, ihren Bürgern den Sonnenbrand großflächig zur Verfügung zu stellen: Auf zahlreichen Outdoor-Veranstaltungen wird er einem förmlich hinterher geschmissen, als Schulterbrand, Fußriströtung, Stirnverkohlung.

Wer da keinen abkriegt, ist selbst schuld oder halt eingecremt. Dass das Sonnenbrand-Vergnügen seinen Preis hat, Quaddeln, Hitzewallungen, je nach Perspektive Assoziationen mit dem falschen Fußballverein - geschenkt. Und wenn am Wochenende dann die Urlauber heimkehren und mit den neuesten Modellen aus Italien oder Spanien angeben, dann muss sich hier ganz bestimmt niemand verstecken.

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