Prozess wegen sexueller Übergriffe:US-Gericht hebt Urteil gegen Harvey Weinstein auf

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Harvey Weinstein im Jahr 2022 (Foto: Etienne Laurent/AP)

Das Urteil von New Yorks höchstem Gericht kommt überraschend. Der Fall von Filmproduzent Weinstein hatte damals die "Me Too"-Bewegung maßgeblich mit ausgelöst.

Von Juri Auel und Xaver Bitz

Das höchste Berufungsgericht des US-Bundesstaats New York hat das Urteil wegen sexueller Übergriffe gegen den ehemaligen Filmproduzenten Harvey Weinstein aufgehoben. Das geht aus Gerichtsdokumenten hervor. Die Entscheidung kommt überraschend. Weinstein war zu 23 Jahren Haft verurteilt worden. Er bleibt in Haft, weil er in einem anderen Prozess in Los Angeles ebenfalls wegen Sexualverbrechen zu 16 Jahren Haft verurteilt worden war.

Mit einer Stimme Mehrheit entschieden die sieben Richter am Donnerstag, dass das Gericht bei der Verurteilung Weinsteins damals einen schweren Verfahrensfehler begangen habe. Konkret ging es darum, dass Frauen als Belastungszeugen aussagten und über mutmaßliche Übergriffe Weinsteins berichteten, die nicht Teil der eigentlichen Anklage waren. Dies habe keinem wesentlichen Zweck der Beweisführung gedient und "den Angeklagten in einem höchst nachteiligen Licht dargestellt". Die Staatsanwaltschaft wollte mithilfe dieser Zeugen damals zeigen, dass die Taten Weinsteins einem wiederkehrenden Muster folgten.

Juda Engelmayer, eine Sprecherin Weinsteins, kommentierte die Entscheidung ABC News zufolge mit den Worten: "Wir sind freudig überrascht und prüfen das Urteil."

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Weinstein hatte gegen das Urteil Berufung eingelegt. Alvin L. Bragg, der Bezirksstaatsanwalt von Manhattan, will nun versuchen, das Verfahren gegen Weinstein erneut aufzurollen. Bragg hat jedoch gerade einen anderen prominenten Fall auf seinem Schreibtisch: den Schweigegeld-Prozess gegen den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump. Eine Sprecherin Braggs sagte in einer Stellungnahme: "Wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, um diesen Fall erneut zu verhandeln, und wir werden uns weiterhin für die Überlebenden sexueller Übergriffe einsetzen."

In New York war Weinstein 2020 wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung schuldig gesprochen worden. Der Prozess markierte einen Meilenstein der Rechtsgeschichte. Die Vorwürfe gegen Weinstein hatten 2017 nach entsprechenden Berichten in der New York Times und dem Magazin New Yorker die "Me Too"-Bewegung, in der es um die Aufarbeitung von Machtmissbrauch in Verbindung mit sexuellen Übergriffen ging, maßgeblich mit ausgelöst. Seit 2017 haben mehr als 80 Frauen Weinstein öffentlich sexuelle Übergriffe vorgeworfen. Vertreterinnen der "Me Too"-Bewegung hatten das Urteil gegen Weinstein gefeiert - aber auch kritisiert, dass er nicht in allen Anklagepunkten für schuldig befunden wurde.

Der 1952 im New Yorker Stadtteil Queens in eine wohlhabende Familie hineingeborene Weinstein war einst ein reicher und mächtiger Hollywood-Mogul. Mit seiner Firma produzierte er Erfolgsfilme wie "Der englische Patient", "Pulp Fiction", "Good Will Hunting" oder "Gangs of New York" und gewann für "Shakespeare in Love" einen Oscar. Nun sitzt er wegen gesundheitlicher Probleme meist im Rollstuhl und könnte den Rest seines Lebens im Gefängnis verbringen.

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