Antikörper-Nachweis:Spahn gibt Immunitätspass noch nicht auf

Gesundheits­minister verweist auf Pläne in anderen Ländern.

Von Christoph Gurk, Matthias Kolb und Kristiana Ludwig, Berlin/Brüssel

Für Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ist die Einführung eines Immunitätsausweises trotz des Widerstands aus der SPD und der Opposition nicht vom Tisch. Zwar habe er es für "richtig" gehalten, das "Vorhaben aus dem aktuellen Eilgesetz zu streichen". Die Kritik habe ihm gezeigt, dass die Gesellschaft mehr Zeit brauche, um dieses Thema zu debattieren. Spahn hat auch den Ethikrat um eine Stellungnahme gebeten. Doch mit Blick auf Auslandsreisen halte er einen Immunitätspass weiter für relevant: "Andere Staaten planen bereits, die Einreise künftig von einem derartigen Immunitätsnachweis abhängig zu machen", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Wir werden uns also weiter mit dem Thema beschäftigen müssen. Denn die Lösung kann ja nicht sein, dass unsere Bürgerinnen und Bürger nicht mehr in Länder reisen können, die solche Regelungen planen".

Jens Spahn, Coronavirus

Jens Spahn musste die Ausweisvorgabe aus dem Gesetz nehmen.

(Foto: Michael Kappeler/dpa)

Bislang verlangen einzelne Staaten wie Österreich oder Thailand von Einreisenden nur aktuelle Coronatests, die beweisen sollen, dass sie aktuell nicht ansteckend sind. Einen Antikörpertest als Nachweis fordern sie nicht. Entgegen anderslautenden Medienberichten waren Immunitätsausweise auch Ende April kein Thema in der Videokonferenz der EU-Tourismusminister.

In dieser Woche hatte EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides erklärt, dass es "derzeit keine wissenschaftlich verlässlichen und befriedigenden Beweise" gebe, die für serologische Tests und Immunitätsausweise nutzbar wären. Sie betonte zugleich, dass die EU-Kommission hier keine Kompetenz habe und dies eine Entscheidung der Mitgliedstaaten sei. Die Ärztin aus Zypern erinnerte jedoch daran, dass die Weltgesundheitsorganisation WHO und das Europäische Zentrum für Seuchenbekämpfung (ECDC) vor dem Risiko gewarnt hätten, dass jemand mit einem negativen Covid-19-Test zwei Tage später bei Reiseantritt infiziert sein könnte. Die WHO weist auch darauf hin, dass es "keinen Nachweis" gebe, dass Menschen, die sich von Covid-19 erholt haben, vor einer zweiten Infektion geschützt seien.

Pflegeprämie

Beschäftigte in der Altenpflege sollen in diesem Jahr eine Corona-Prämie bekommen. Das hat der Bundestag am Donnerstag beschlossen. Die Prämie ist Teil des zweiten Bevölkerungsschutzgesetzes. Außerdem sollen Gesundheitsämter stärker unterstützt werden. Zudem ist eine Ausweitung von Tests und Meldepflichten geplant, damit die Behörden ein besseres Bild vom Verlauf der Pandemie bekommen. Die Corona-Prämie sollen Beschäftigte in der ambulanten und stationären Altenpflege bekommen. Die Höhe von bis zu 1000 Euro richtet sich unter anderem nach der Arbeitszeit. Länder oder Arbeitgeber können die steuerfreie Extrazahlung auf bis zu 1500 Euro aufstocken. dpa

Allein Chiles Gesundheitsminister Jaime Mañalich hatte Ende April angekündigt, den Bürgern einen "Carnet Covid-19" auszustellen: Dieser digitale Ausweis würde es erlauben, wieder auf die Straße zu gehen, zu reisen und vor allem zu arbeiten, wenn man eine Infektion überstanden hat. Der Beschluss liegt schon einige Wochen zurück, doch kürzlich veranlasste die Regierung einen "Aufschub". Die Ausweise wurden nicht ausgehändigt, weil man in Chile Diskriminierung fürchtet.

Auch in Deutschland hatte vor allem die Sorge vor einer Stigmatisierung von Menschen, die noch nicht an Covid-19 erkrankt waren, zu Widerstand gegen Spahns Plan geführt. Das am Donnerstag verabschiedete zweite Pandemiegesetz hatte ursprünglich eine Regelung enthalten, mit der Bürger, die einen Immunitätspass haben, etwa Quarantäneanordnungen entgehen können. Spahn musste den Passus streichen.

Die Grünen erklärten nun, der Minister wäre gut beraten, sich bei dem Thema zurückzuhalten. "Die Verunsicherung in der Bevölkerung ist nach wie vor groß - nicht zuletzt hat diese Debatte dazu beigetragen, dass Verschwörungstheorien sich in Windeseile verbreiten konnten", erklärte die Gesundheitspolitikerin Kordula Schulz-Asche.

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