Bann gegen Elektrogeräte:USA begründen Laptop-Verbot mit mutmaßlichen Bombenplänen von al-Qaida

US-Regierung schränkt Mitnahme von Elektrogeräten ein

Etihad Airways wäre von dem Laptop-Verbot betroffen. Sie hat bis Freitag Zeit, sich den neuen Regeln zu verpflichten.

(Foto: dpa)
  • Die USA und Großbritannien verbannen auf bestimmten Verbindungen Elektrogeräte aus Flugzeugkabinen.
  • CNN und Reuters berichten unter Berufung auf US-Sicherheitskreise, dass ein Bericht über neue Bombentechniken der Terrororganisation al-Qaida der Auslöser gewesen sein soll.
  • Experten zweifeln am Sinn der Aktion.

Von Thorsten Denkler, New York

Der am Dienstag erlassene Bann gegen elektronische Geräte auf bestimmten Direktflügen in die USA fußt offenbar auf neuen Erkenntnissen über die Fähigkeiten der Terrorgruppe al-Qaida. Angeblich gebe es Geheimdienst-Hinweise, dass Al-Qaida-Terroristen auf neuartige Weise explosive Stoffe in elektronischen Produkten wie Laptops, Tablets oder portablen DVD-Spielern verstecken könnten, teilte das Heimatschutzministerium am Dienstag mit.

Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete unter Berufung auf US-Sicherheitskreise, die US-Regierung habe über diesen Schritt nachgedacht, seit sie vor einigen Wochen von einer neuen Bedrohungslage in dieser Richtung erfahren habe. Ein US-Kommando habe im Januar in Jemen einen Posten des Al-Qaida-Ablegers Aqap eingenommen. Dabei seien angeblich die Hinweise auf die neue Bombentechnik gefunden worden. Aqap steht für al-Qaida in the Arabian Peninsula, al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel.

Nach den Geheimdienst-Informationen habe Aqap US-Maschinen zum Absturz bringen wollen. Die Gruppe hatte sich schon verantwortlich erklärt für den Anschlag auf die Redaktion der Satirezeitung Charlie Hebdo in Paris vor zwei Jahren. Außerdem bekannte sie sich zu einem gescheiterten Bombenangriff auf ein Flugzeug über der US-Stadt Detroit zu Weihanchten 2009. Der Sprengsatz, den der nigerianische Terrorist Umar Farouk Abdulmutallab in seiner Unterwäsche versteckt hatte, explodierte nicht.

Der US-Nachrichtensender CNN berichtet jetzt, dass die Aqap-Gruppe ihre technischen Fähigkeiten auf besondere Weise verfeinert habe. Und zwar so, dass die Bombe von einer Laptop-Batterie kaum noch zu unterscheiden wäre.

Im Februar 2016 ist eine solche Laptop-Bombe an Bord eines Flugzeugs der dschibutischen Daallo Airline explodiert. Das Flugzeug war vom als unsicher geltenden Flughafen Mogadischu in Somalia aus gestartet. Die Bombe hatte ein Loch in den Rumpf der Maschine gerissen. Sie konnte dennoch sicher landen. Zu dem Anschlag hatte sich die Terrororganisation al-Shabaab bekannt, die Aqap nahesteht.

Das sehen die neuen Bestimmungen vor

Nach den neuen US-Sicherheitsregeln dürften deshalb Laptops und Tablet-Computer nicht mehr im Handgepäck mitgeführt werden, sondern müssen mit dem Koffer aufgegeben werden. Sie würden dann im Frachtraum des Flugzeuges transportiert. Mit in die Kabine dürften nur noch Geräte, die "nicht größer als ein Mobiltelefon" seien.

Die neuen Bestimmungen, die seit Dienstag um acht Uhr mitteleuropäischer Zeit in Kraft sind, geben dennoch Rätsel auf. Dass sich Laptops in Bomben umbauen lassen, ist keine neue Erkenntnis. An Flughäfen werden solche Geräte deshalb meist einzeln durchleuchtet. Oft müssen sie angestellt oder aufgeklappt werden, um zu zeigen, dass sie funktionieren.

Der Sprecher des Weißen Hauses, Sean Spicer, verweigerte am Dienstag eine nähere Erklärung. Auf seiner täglichen Pressekonferenz lehnte er es ab, "über die Geheimdienstinformationen, die uns vorliegen", zu sprechen.

Die betroffenen Flughäfen sind: Kairo in Ägypten, Istanbul in der Türkei, Kuwait-Stadt, Doha in Katar, Casablanca in Marokko, Amman in Jordanien, Riad und Dschidda in Saudi-Arabien, sowie die Flüghäfen von Dubai und Abu Dhabi in den Vereinigten Arabischen Emiraten.

Die meisten dieser Länder sind enge Verbündete der USA. Der Flughafen Abu Dhabi gehört zu den 15 Nicht-US-Flughäfen weltweit, die die Sicherheitsschleusentechnik des US-Heimatschutzministeriums einsetzen.

Die betroffenen Fluglinien sind: Royal Jordanian Airlines, Egypt Air, Turkish Airlines, Saudi Arabian Airlines (Saudia), Kuwait Airways , Royal Air Maroc, Qatar Airways, Emirates und Etihad Airways. Sie haben bis Freitag Zeit, sich den neuen Regeln zu verpflichten.

Angeblich sind täglich etwa 50 Direktflüge mit dem Ziel USA betroffen. Amerikanische Fluglinien sind von der Regelung explizit ausgenommen. Sie fliegen die USA allerdings von den genannten Flughäfen nicht direkt an.

Regelung macht Experten ratlos

Am Dienstag folgte die britische Regierung dem US-Vorbild und führte einen ähnlichen E-Bann ein. Betroffen sind dort Flugreisende, die direkt aus Ägypten, Jordanien, Libanon, Saudi-Arabien, Tunesien oder der Türkei nach Großbritannien reisen. Für Deutschland sei "nichts Vergleichbares" in Planung, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums.

US-Sicherheitsexperten äußerten Zweifel an der Wirksamkeit eines E-Banns. "Es ist ein wenig seltsam", sagte Nicholas Weaver vom International Computer Science Institute der University of California, Berkeley dem britischen Guardian. "Denn wenn Sie unterstellen, dass der Angreifer einen Computer in eine Bombe verwandelt hat, dann würde diese auch im Frachtraum funktionieren." Und wenn die Furcht vor einem Hackerangriff der Grund sei, dann greife die Regelung zu kurz: "Auch ein Mobiltelefon ist ein Computer."

Hinzu kommt, dass einige Experten eher Sicherheitsbedenken haben, wenn Lithium-Batterien im Frachtraum befördert werden. Es gab mehrere Fälle, in denen solche Batterien plötzlich überhitzten und in Brand gerieten. Wenn das in einem Frachtraum passiere, sei das kaum beherrschbar.

Ralph Beisel, Chef des deutschen Flughafenverbandes ADV, bezeichnete die Entscheidung als "blanken Unsinn" und "reinen Aktionismus".

Unklar ist auch, was mit der Formulierung "nicht größer als ein Mobiltelefon" gemeint ist. Ein Sprecher des US-Heimatschutzministeriums sagte dazu nach mehreren Nachfragen: "Um ehrlich zu sein, Leute, es gibt eine ziemlich allgemeingültige Vorstellung davon, was darunter zu verstehen ist." Die Beantwortung der Frage soll am Ende im Ermessen der jeweiligen Airline liegen.

Vielleicht auch nur wirtschaftliche Motive

Der Jurist Paul Schwartz aus Berkeley sagte dem Guardian, er sehe wenig Sinn darin, so eine Beschränkung nur bestimmten Staaten aufzuerlegen. "Die Konzentration auf wenige Länder bedeutet zugleich, dass sie den Fakt ignorieren, dass die terroristische Bedrohung sich nicht an Grenzen hält."

Womöglich hat der E-Bann aber vor allem wirtschaftliche Motive. Die US-Airlines bearbeiten die neue Trump-Regierung seit Wochen, dass sie etwas gegen die Vormacht der staatlichen subventionierten Fluggesellschaften am Persischen Golf unternimmt. Gegen die hätten US-Airlines wie Delta, American und United Airlines keine Chance, sagen Experten. Gemeint sind vor allem Etihad Airways, Qatar Airways und Emirates.

Alle drei Gesellschaften gehören zu denen, die sich jetzt dem neuen E-Bann unterwerfen müssen.

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