Bischofskonferenz:Reden über den Missbrauch

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"Wir spüren, wie tief betroffen die Gläubigen sind", sagt Kardinal Marx. Die katholische Kirche will einen breiten Dialogprozess starten und dabei auch über den Zölibat diskutieren.

Von Matthias Drobinski, München

Die katholische Kirche in Deutschland will mit einem verbindlichen "synodalen Weg" auf den Skandal der sexualisierten Gewalt durch Priester und Kirchenmitarbeiter reagieren - und dort offen über den Zölibat, die kirchliche Sexualmoral und über klerikalen Machtmissbrauch reden. In der letzten halben Stunde ihrer Frühjahrsversammlung im emsländischen Lingen einigten sich die Bischöfe nach kontroverser Debatte, noch in diesem Jahr einen breit angelegten Dialogprozess in Gang zu setzen. Dies soll in enger Zusammenarbeit mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) geschehen, der Vertretung der katholischen Verbände und Laienvertretungen.

"Wir spüren, wie tief betroffen die Gläubigen sind", sagte der Münchner Kardinal und Bischofskonferenzvorsitzende Reinhard Marx zum Abschluss der Versammlung, die vor allem die Konsequenzen aus den offenbar gewordenen Missbrauchsfällen zum Thema hatte. In einer im September veröffentlichen Studie hatte ein Forscherteam im Auftrag der Bischofskonferenz darauf hingewiesen, dass die sexualisierte Gewalt und ihre Vertuschung auch Ursachen in der Struktur und im Selbstverständnis der katholischen Kirche habe.

Marx nannte den Zölibat eine wichtige Tradition, allerdings müsse neu diskutiert werden, inwieweit er in jedem Fall zum Zeugnis des Priesters gehören müsse. Eine ganze Reihe von Bischöfen hätten zudem darauf hingewiesen, dass die kirchliche Sexualmoral und die Erkenntnisse der Humanwissenschaften sowie der Theologie immer weiter auseinander klafften. Darüber müsse nun offen diskutiert werden, ebenso darüber, "was getan werden muss, um den nötigen Machtabbau zu erreichen", sagte Marx. Dazu gehöre auch der Aufbau einer eigenen kirchlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Zeitplan, Struktur und Verbindlichkeit des verkündeten Dialogprozesses sind allerdings noch offen. Vier Bischöfe hatten vor der Frühjahrsversammlung eine kirchenrechtlich klar geregelte und verbindliche Synode gefordert, waren damit aber nicht durchgedrungen. Marx sagte nun, er könne sich vorstellen, dass es am Ende der Beratungen Mehrheits- und Minderheitsvoten geben könne. Möglich sei auch ein Brief an Papst Franziskus, der die Ergebnisse des Prozesses zusammenfasse. Er sei bereit, die dort gefassten Beschlüsse auch auf weltkirchlicher Ebene zu vertreten.

© SZ vom 15.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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