CDU:Angela Merkel - von der Jugend getrieben

CDU-Veranstaltung 'Transatlantische Partnerschaft'

Bundeskanzlerin Angela Merkel und der Vorsitzende der Jungen Union, Paul Ziemiak

(Foto: picture alliance / dpa)

Nicht nur die Jusos, auch die Jungunionisten setzen ihre Parteispitze unter Druck. Jetzt muss die Kanzlerin für Verjüngung im Kabinett sorgen, sonst steht ihr ein unangenehmer Parteitag bevor.

Kommentar von Robert Roßmann, Berlin

Kritiker Angela Merkels sprechen gern vom Raumschiff Kanzleramt, in dem die CDU-Chefin weit über ihrer Basis schwebe. Und in der Tat gab es in den vergangenen Jahren manchen Moment, in dem Merkel das Gespür fürs Angebrachte missen ließ - etwa als sie nach der schweren Niederlage bei der Bundestagswahl davon sprach, sie wisse nicht, was sie hätte anders machen können. Dass Merkel nach dem letzten CDU-Parteitag verkündete, sie werde den soeben gefassten Beschluss zum Doppelpass ignorieren, weil sie ihn für unpassend halte, gehört ebenfalls in diese Schublade. Merkel steht seit 18 Jahren an der Spitze der CDU. Da verliert man schon mal das Gefühl für die Stimmung der eigenen Leute - oder die Lust, auf diese Stimmung einzugehen. Wie gefährlich das werden kann, hat die vergangene Woche gezeigt.

Für Merkel war es ein Akt der Notwendigkeit, bei der Ressortverteilung auf wichtige Ministerien zu verzichten, um eine große Koalition - und damit eine neue Regierung - zu ermöglichen. Sie hat sich nicht einmal sonderlich bemüht, die schmerzhafte Preisgabe zu erklären. Für die CDU-Basis aber war es ein Offenbarungseid. Dass Merkels Leute den Verlust des Finanz- und des Innenministeriums auch noch schönredeten, verschärfte den Unmut gewaltig. Sogar Merkel-nahe Christdemokraten wie der Kieler Ministerpräsident Daniel Günther fingen an, über die Zeit nach der Kanzlerin zu reden. Kaum etwas zeigt deutlicher, dass die Autorität Merkels zu erodieren beginnt.

Die Zukunft der Kanzlerin liegt jetzt in den Händen der SPD-Mitglieder

Die CDU hat sich dabei selbst in einen unglücklichen Kreislauf begeben. Weil die Kanzlerin sich nicht sicher sein konnte, wie ihre Partei nach gescheiterten Koalitionsverhandlungen mit ihr umgehen würde, war sie bei den Gesprächen in einem besonderen Maß von einer Einigung abhängig - und damit erpressbar. Das Resultat ist ein schlechtes Verhandlungsergebnis, weshalb Merkels Kritiker die Kanzlerin jetzt erst recht infrage stellen.

Wie groß Merkels Not ist, kann man schon daran erkennen, dass sie sich am Sonntagabend bemüßigt sah, sich im Fernsehen zu erklären. Derlei macht die Kanzlerin nur, wenn es unvermeidbar ist. In einem Akt der Vorwärtsverteidigung hat sie klargestellt, dass sie bis zum Ende der Legislaturperiode Kanzlerin und CDU-Chefin bleiben will. Um die Debatte darüber zumindest vorerst beenden zu können, musste sie aber einen deutlichen Schritt auf ihre Kritiker zugehen. Im Oktober hatte Merkel beim Deutschlandtag der Jungen Union bereits versprochen, dass die CDU auf einem Parteitag über den Koalitionsvertrag abstimmen darf, bisher geschah das in kleinerem Kreis. Auf Druck von JU-Chef Paul Ziemiak sagte sie jetzt auch zu, bereits vor dem Parteitag zu verkünden, wer für die CDU Minister werden soll. Merkel hat sich damit eines großen Stückes Freiheit beraubt. Sie wird jetzt tatsächlich eine Ministerliste präsentieren müssen, die eine deutliche Erneuerung und Verjüngung verkörpert - ansonsten steht ihr ein unangenehmer Parteitag bevor.

Die Konzessionen Merkels zeigen auch, dass die Junge Union nicht mehr der kraftlose Haufen ist, als der er lange galt. Als Ziemiak 2014 zum JU-Chef gewählt wurde, musste er noch zum Aufbegehren ermahnt werden. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer ging damals ans Redepult und forderte eine kritischere JU, die auch mal übers Ziel hinausschießt. "Lieber Paul, nett sein allein reicht nicht", sagte Scheuer. Es war eine Ermahnung, wie sie Juso-Chef Kevin Kühnert von seiner Mutterpartei wahrscheinlich noch nie bekommen hat. Und Ziemiak hat sich offensichtlich an Scheuers Worte gehalten. Zusammen mit Finanzstaatssekretär Jens Spahn und dem Chef des Wirtschaftsflügels, Carsten Linnemann, bildet er in der CDU ein Trio, das Merkel regelmäßig gewaltig unter Druck setzt.

Trotzdem bereiten die Jusos Merkel gerade deutlich mehr Sorgen als die Junge Union. Wenn deren kraftvolle Nogroko-Kampagne erfolgreich ist, steht Merkel vor ungewissen Zeiten - egal ob es dann zu Neuwahlen oder zu einer Minderheitsregierung kommt. Wenn sich die SPD aber für eine neue große Koalition entscheidet und Merkel wieder richtige statt geschäftsführende Kanzlerin wird, ist die CDU-Chefin schlagartig in einer starken Position. Denn bisher ist weder innerhalb und schon gar nicht außerhalb der CDU jemand zu erkennen, der sie dann wieder aus dem Amt heben könnte. Und so liegt die Zukunft der CDU-Kanzlerin jetzt in den Händen der SPD-Mitglieder.

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