Corona-Pandemie:Merkel: Finanzhilfen "nicht bis ultimo"

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Kanzlerin Angela Merkel warnt im Bundestag erstmals vor einer ausufernden Verschuldung des Bundes durch die Corona-Hilfen. (Foto: Christian Thiel/imago images)

Erstmals spricht die Kanzlerin von einem möglichen Ende der Unterstützung für Betroffene. Ob die üppigen Zahlungen bei andauerndem Lockdown im Januar fortgesetzt würden, lässt sie offen.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat am Donnerstag im Bundestag erstmals vor einer ausufernden Verschuldung des Bundes wegen der großzügigen und fortlaufenden Finanzhilfen in der Pandemie gewarnt. Man werde im Dezember die staatlichen Kompensationen weiterzahlen, sagte sie in ihrer Regierungserklärung. Allen Bürgern müsse aber bewusst sein, "dass wir das nicht bis ultimo fortführen können, diese Art von Hilfen".

Merkel und die Ministerpräsidenten hatten am späten Mittwochabend in einer siebenstündigen Schaltkonferenz hart darum gerungen, den teilweisen Lockdown zu verlängern und die Finanzhilfen des Monats November im Dezember fortzuführen. Im November und Dezember erstattet der Bund 75 Prozent des Vor-Corona-Umsatzes.

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Die Kanzlerin hätte gerne härtere Maßnahmen gegen die Pandemie beschlossen, doch sie konnte sich nicht durchsetzen. Im Bundestag sprach ein anderer aus, was sie wohl am liebsten gesagt hätte.

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Diese Unterstützung sei "geboten und notwendig", sagte Merkel. Sie ließ zugleich offen, ob die Hilfen in dieser Form im Jahr 2021 fortgesetzt werden würden. "Es wird auf jeden Fall darüber geredet werden, passen die Dinge alle miteinander zusammen", warnte sie. Hintergrund dafür ist, dass Kontaktbeschränkungen, die aus Rücksicht auf bestimmte Branchen oder politische Forderungen aus den Ländern nur zögerlich geplant und umgesetzt werden, am Ende dazu führen, dass die Infektionszahlen zu hoch bleiben, um Lockerungen zu beschließen. Das führt dazu, dass jene Branchen wie Gastrobetriebe oder Hotels, die von Schließungen betroffen sind, immer weiter Hilfen benötigen.

Die Schulden des Bundes waren zuletzt geradezu explodiert. Im September, als das Infektionsgeschehen vergleichsweise niedrig war, hatte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) mit 96 Milliarden Euro zusätzlichen Krediten für das Jahr 2021 geplant. Seither hat sich der zusätzliche Finanzbedarf für 2021 auf rund 181 Milliarden Euro fast verdoppelt. Hinzu kommt, dass Scholz bereits in diesem Jahr bis zu 218 Milliarden Euro zusätzliche Kredite aufnehmen will. Damit summieren sich die neuen Schulden des Bundes, die wegen der Pandemiehilfen aufgenommen werden müssen, auf eine Summe, die etwa einem Jahreshaushalt in Vor-Corona-Zeiten entspricht.

Die Kanzlerin forderte alle Bürger auf, sich solidarisch zu zeigen mit den von Schließungen betroffenen Branchen wie Gastronomie, Hotellerie und Kultureinrichtungen, "die die Last für die ganze Gesellschaft tragen, damit Schulen und Kitas offen sind und wir wirtschaften können". Alle müssten Kontakte so reduzieren, "dass wir auch Wirkungen sehen".

Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus kritisierte, dass der Bundestag in die Beschlüsse über weitere Finanzhilfen nicht eingebunden war. Das Haushalts- und Budgetrecht liege bei den Abgeordneten, sagte er. Kritik übte er auch an den Länderchefs, es sei "nicht in Ordnung, dass sie immer Beschlüsse fassen und die Rechnung dem Bund präsentieren".

FDP-Chef Christian Lindner forderte, die Dezemberhilfen unbürokratisch auszuzahlen, "am besten dadurch, dass nicht ein neues Antragsverfahren für den Dezember erfolgt, sondern die Dezemberhilfe mit der Novemberhilfe ausgezahlt wird". Berechtigten Unternehmen solle einmalig der doppelte Betrag ausgezahlt werden.

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