Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg:Wo der Osten blau ist

Sachsen und Brandenburg sind gespalten: Welche Partei wo am meisten Stimmen gewonnen hat - und warum.

Von Michael Hörz und Markus C. Schulte von Drach

Die Farben der Landkarten Sachsens und Brandenburgs waren seit der Wende politisch ziemlich klar: Brandenburg deutlich rot, der Freistaat Sachsen klar schwarz dominiert. Das hat sich nun geändert.

Färbt man die Landkarte Sachsens entsprechend der Wahlergebnisse in den Wahlkreisen, ist die östliche Hälfte überwiegend AfD-blau. Vor allem hier sorgten Wählerinnen und Wähler dafür, dass die Partei auf ihre insgesamt mehr als 27 Prozent kam. Ganz im Osten, in der Gemeinde Neißeaue, erreichte die Partei mehr als 48 Prozent, in Lampertswalde an der Grenze zu Brandenburg ebenso.

Im Westen gibt es einige Gemeinden, in denen die Rechten ebenfalls stark waren, vor allem um Torgau im Wahlkreis Nordsachsen 3 und in einigen Gemeinden im Süden.

Im Osten Sachsens, um Dresden, Hoyerswerda, Zittau und im Süden von Bautzen konnte sich die CDU behaupten - wie auch im größten Teil der westlichen Landeshälfte. Die CDU bleibt mit mehr als 32 Prozent stärkste Partei in Sachsen. Im sonst AfD-dominierten Osten hat die Union ihre besten Wahlergebnisse erzielt. Rund um die Gemeinde Crostwitz im Landkreis Bautzen in der Oberlausitz, einem Zentrum der sorbischen Minderheit, erreichte die CDU mehr als 50 Prozent, in Crostwitz selbst waren es sogar fast 61 Prozent.

Die Grünen konnten vor allem in den Städten gewinnen. In zwei Wahlkreisen in Leipzig waren sie sogar die stärkste Partei. Auch die Linken konnten ihre besten Ergebnisse in Leipzig, Chemnitz und Dresden einfahren. Die SPD kam in keinem Wahlkreis auf mehr als 13 Prozent.

Faktor Braunkohle

Ein Grund, wieso die CDU unter Ministerpräsident Michael Kretschmer im sächsischen Teil der Lausitz, wo sie immer schon stark war, deutlich besser abgeschnitten hat als die AfD, dürfte in der Braunkohlepolitik liegen. Kretschmers Parteikollege Ingo Senftleben in Brandenburg hatte sich bereit gezeigt, den von der Kohlekommission für 2038 vorgesehenen Ausstieg aus der Braunkohleverstromung sogar vorzuziehen, und eine Koalition mit den Grünen nicht ausgeschlossen. Kretschmer dagegen hatte erklärt, die Braunkohleverstromung müsste erst dann ein Ende haben, "wenn sie nicht mehr wirtschaftlich sein sollte". Seiner Meinung nach könnte das 2040 oder später sein.

Von der Braunkohle hängen in Brandenburg und Sachsen direkt etwa 5000 Arbeitsplätze ab, weitere 20 000 dürften in der Zulieferindustrie betroffen sein. Viele dieser Arbeiter wähnen wohl die AfD auf ihrer Seite, schon weil diese leugnet, dass der Mensch für die gegenwärtige Erderhitzung überhaupt verantwortlich ist.

Die Verhältnisse in Brandenburg

Es fällt auf den ersten Blick ins Auge, und es bleibt auch beim zweiten Hinschauen eindeutig: Brandenburg ist politisch in zwei Hälften geteilt. Auch wenn die AfD mit landesweit 23,5 Prozent auf Platz zwei hinter der SPD liegt - in den östlichen und südöstlichen Landesteilen ist sie die stärkste Partei geworden. Das zeigt sich in etlichen Wahlkreisen.

Besonders stark ist sie im Süden, in der Lausitz, wo sie in manchen Gemeinden weit über 40 Prozent erreicht hat. In Hirschfeld etwa hat sie sogar die 50-Prozent-Marke überschritten, genau wie in der Gemeinde Heinersbrück.

Im Westen und Nordwesten des Landes dagegen sind es die Sozialdemokraten, die am meisten Zustimmung in der Bevölkerung finden. Zwar sind sie mit insgesamt 26 Prozent der Stimmen im Vergleich zu 2014 stark geschwächt. Auf lokaler Ebene konnten sie vereinzelt sogar das Niveau einer Volkspartei erreichen. Im Westen Berlins, im sogenannten "Speckgürtel" der deutschen Hauptstadt, hat die Partei allerdings viele Stimmen verloren - nicht an die AfD, sondern an die Grünen.

Versucht man, einen Zusammenhang zwischen dem "Warum" und dem "Wo" der Erfolge der AfD herzustellen, stößt man auch in Brandenburg schnell auf den Faktor Braunkohle: Gerade im Südosten haben die Rechten viel Zustimmung erhalten - dort, wo der Tagebau die Menschen einerseits mit Arbeit versorgt und andererseits Dörfer und Landschaften zerstört hat. Viele sind von hier weggegangen, viele, die geblieben sind, sorgen sich, was passiert, wenn die Braunkohle aus der Lausitz ab 2038 nicht mehr als Energiequelle genutzt werden soll.

Für die CDU und die Linke lassen sich keine regionalen Unterschiede bei den Verlusten finden - vom Gewinnen kann in Brandenburg sowieso kaum die Rede sein.

Die Grünen dagegen sind zwar insgesamt etwas stärker geworden, vor allem aber um Berlin herum, vom Süden der Bundeshauptstadt über Potsdam bis nach Hohen Neuendorf im Norden Berlins haben auffällig viele Menschen für sie gestimmt. In der Gemeinde Kleinmachnow (Potsdam-Mittelmark IV) waren sie mit fast 27 Prozent der Zweitstimmen sogar die stärkste Partei (Der Wahlkreis insgesamt ging allerdings an die SPD.)

Eine Ursache für den grünen Erfolg dürfte sein, dass viele Menschen aus Berlin ins Umland der Hauptstadt gezogen sind, die Bevölkerungszahlen sind in den vergangenen Jahren hier sogar gestiegen. Es handelt sich also teils gewissermaßen um landflüchtige Großstädter. In den Städten haben die Grünen bislang noch immer mehr Zustimmung gefunden als auf dem Land. Damit zusammen passt wohl auch, dass sie im Wahlkreis Potsdam I mit 29 Prozent die stärkste Partei waren und - erstmals bei einer Wahl in Ostdeutschland überhaupt - ein Direktmandat gewinnen konnten: mit Marie Schäffer in Potsdam I.

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