Machtwechsel in Kalifornien:Der Gouverneur und das Biest

Der "Gouvernator" fand seine Rolle spät, dann ließ er die Muskeln spielen. Doch die Strukturprobleme Kaliforniens waren stärker als Arnold Schwarzenegger - er hinterlässt einen Staat, der sich nach wie vor nicht regieren lassen will.

Stefan Kornelius

Es ist ein langer Weg aus Thal in der Steiermark bis hin in die Gouverneurs-Residenz von Sacramento. Die Hauptstadt von Kalifornien mag zwar wie das Grazer Umland provinziellen Charme versprühen, aber hier wird immerhin Amerikas mächtigster Bundesstaat regiert, der - wäre er aus den Vereinigten Staaten herausgelöst - unter den Top Ten der Welt-Ökonomien rangierte. Arnold Schwarzenegger ist diesen Weg von Thal bis Sacramento gegangen - ob er aber am Ende Kalifornien wirklich regiert hat, darf bezweifelt werden.

Arnold Schwarzenegger

Da geht der Gouvernator: Arnold Schwarzenegger regiert seit Montag nicht mehr in Kalifornien - sein Nachfolger Jerry Brown tritt ein schweres Erbe an.

(Foto: dpa)

Nicht jeder Fußballer sollte Sportkommentator werden, und nicht jeder Schauspieler taugt zur Politik. Arnold Schwarzenegger hatte durchaus ein Gefühl für das politische Geschäft, auch wenn er seine hohen Sympathiewerte vor seiner Wahl zum Gouverneur von Kalifornien im Jahr 2003 vor allem seinem Leinwandimage verdankte. Über seine Qualitäten als Politiker ließ sich damals kein rechtes Urteil fällen, und selbst das Bild des Haudrauf-Helden entstammte erst mal nur der Film-Projektion. Aber der Mann hatte ein Gespür für die Menge, er war ein Populist im guten Sinne.

Allein: Der Wähler in Kalifornien ist ein teuflisches Biest. Kalifornien ist manchmal so wenig Amerika wie New York, hier wohnen eigenwillige und sehr freiheitsliebende Menschen, und es bedarf schon einer Menge Finesse, diesen Bundesstaat zu lenken. Schwarzeneggers durchaus passablem Vorgänger Gray Davis ist das auch nicht gelungen.

Kalifornien ist ein verfassungsrechtlich verkorkster Staat, der seinen Bürgern viel Mitbestimmungsrecht einräumt und dem Parlament in allen Finanzfragen eine Zweidrittelmehrheit abverlangt. Das ist einerseits sehr demokratisch, andererseits führt es ins legislative Chaos. Steuerpolitik lässt sich mit Zweidrittelmehrheiten nicht beschließen, Interessengruppen können jede Veränderung blockieren. Republikaner verhindern höhere Steuern, Demokraten eine striktere Ausgaben-Politik. Den Rest erledigen die Wähler und Bürgerinitiativen mit Volksbegehren. Auch ein Super-Charismatiker aus Hollywood lernt schnell, wie mühsam sich die Muskeln in dem zähen Sumpf bewegen lassen.

Am Ende scheiterte er am Geld

Schwarzenegger brauchte bis 2006, ehe er seine politische Rolle gefunden hatte. Da war es freilich schon zu spät. Vertan waren die ersten Jahre, in denen er den Kaliforniern harte Entscheidungen hätte zumuten müssen, in denen er von seinem Ruf als ehrlicher Rabauke hätte zehren können. Aber Schwarzenegger borgte lieber Geld, statt die Steuern heraufzusetzen. Und er suchte Streit - freilich mit den Falschen. Krankenschwestern und Lehrer sind in Kalifornien eine nicht zu unterschätzende Macht, ihre Gewerkschaften beherrschen das Spiel mit der Politik. Schwarzenegger war ihnen nicht gewachsen.

Als Schauspieler hinterließ Schwarzenegger eine relativ schlüssige Filmographie, eine gewisse logische Entwicklung seines Rollen- und Charakterbildes. Als Gouverneur fuhr er hingegen Schlangenlinien. In seiner Regierungszeit setzte sich Kalifornien wieder an die Spitze der Umweltbewegung in den USA. Beinahe hätte der Republikaner die allgemeine Krankenversicherungspflicht noch vor dem Demokraten Barack Obama eingeführt. Und Schwarzenegger entzog den politischen Zuschnitt der Wahlbezirke dem Geschacher der Parteien. Das war eine große Tat.

Am Ende aber scheiterte Schwarzenegger am Geld. Die kalifornische Haushaltsmisere bekam er nicht in den Griff, das Dickicht in der Steuer- und Subventionsgesetzgebung konnte er nicht lichten. Kalifornien lebt von Nachtragshaushalten und ist hochverschuldet. Der Staat liegt mit sich im Clinch. Schwarzenegger versprach 2003, er wolle diesen Regierungsladen zerschlagen. Nun ist er abgetreten. Das politische Geschäft hat ihn nicht zermürbt - aber die Gummiwände haben gehalten.

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