Paris:Angreifer von Orly soll radikaler Islamist gewesen sein

  • Am Flughafen Paris-Orly kam es zu einem Zwischenfall, bei dem ein Mann erschossen wurde.
  • Er hatte zuvor nach Angaben des Innenministeriums versucht, einer Soldatin die Schusswaffe zu entreißen. Sprengstoff wurde bei ihm nicht gefunden.
  • Der Flugverkehr, der zwischenzeitlich komplett eingestellt war, läuft inzwischen teilweise wieder an.

Am Pariser Flughafen Orly ist am Samstagmorgen ein Mann erschossen worden, nachdem er gegen 8.30 Uhr versucht hatte, einer Wachsoldatin die Waffe zu entreißen. Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian sagte, der Angreifer habe eine Soldatin zu Boden geworfen und versucht, ihre Waffe zu entwenden. Die Frau sei Reservistin und als Teil einer Patrouille von drei Soldaten am Flughafen unterwegs gewesen. Sie habe ihre Waffe festgehalten. "Aber ihre zwei Kameraden haben es für nötig gehalten - und sie hatten Recht - das Feuer zu eröffnen, um sie zu beschützen, und vor allem um alle Leute drumherum zu beschützen", sagte Le Drian. Er lobte die "Professionalität" der Militärs.

Die Soldatin steht nach Angaben eines Militärsprechers unter Schock. Außer dem Angreifer ist aber niemand zu körperlichem Schaden gekommen. Inzwischen hat die französische Anti-Terror-Staatsanwaltschaft die Ermittlungen an sich gezogen, wie die Behörde mitteilte. Der Angreifer sei Polizei und Geheimdiensten bekannt gewesen, sagte Innenminister Bruno Le Roux. Die Pariser Staatsanwaltschaft erklärte jedoch, der Mann stehe nicht auf einer offiziellen Liste von Personen, die als Gefahr für die öffentliche Sicherheit betrachtet werden.

Inzwischen hat die Staatsanwaltschaft Einzelheiten zu dem Mann bekanntgegeben. Demnach war er 39 Jahre alt und der Polizei wegen Raubes und Drogendelikten bekannt. Er sei in der Vergangenheit neun Mal straffällig geworden. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet unter Berufung auf Polizeikreise, der Angreifer sei als muslimischer Extremist bekannt gewesen. AFP erfuhr jedoch aus Polizeikreisen, der Mann habe zwar 2015 unter Radikalisierungsverdacht gestanden, eine Wohnungsdurchsuchung habe damals aber nichts ergeben.

Frankreichs Präsident François Hollande bezeichnete den Mann als "besonders gefährliche Person". Hollande lobte "den Mut und die Tüchtigkeit" der Sicherheitskräfte. "Der Präsident der Republik bekräftigt die Entschlossenheit des Staates, unablässig zu handeln, um gegen den Terrorismus zu kämpfen, die Sicherheit unserer Mitbürger zu verteidigen und den Schutz des Staatsgebiets sicherzustellen", teilte der Élyséepalast mit.

Flugverkehr läuft wieder an

Der Flugverkehr, der zwischenzeitlich komplett eingestellt war, läuft inzwischen teilweise wieder an. Das Süd-Terminal, wo sich die Attacke ereignete, bleibe vorerst geschlossen, teilte die Flughafengesellschaft mit. Zuvor hatten etwa 3000 Menschen das Gelände verlassen müssen. Die französische Fluggesellschaft Air France empfahl Fluggästen, ihre Reise zu verschieben.

Eine Prüfung durch Experten habe ergeben, dass der Täter keinen Sprengstoff bei sich hatte, heißt es seitens des Innenministeriums. Berichte über einen möglichen zweiten Angreifer wies die Polizei zurück: An der Tat sei nur ein Mann beteiligt gewesen.

Die Polizei bestätigte einen Zusammenhang mit einem Vorfall am früheren Samstagmorgen: Bei einer Fahrzeugkontrolle um 6.55 Uhr im Pariser Vorort Stains schoss ein Mann mit einer Schrotpistole auf drei Polizisten und verletzte einen von ihnen leicht. Anschließend sei der Mann mit einem Auto geflohen, das er später abgestellt habe. Er habe seine Flucht in einem anderen, gestohlenen Fahrzeug fortgesetzt, das später am Flughafen Orly gefunden worden sei.

Frankreich wurde seit Anfang 2015 von einer Reihe islamistischer Anschläge getroffen. Bei einer Anschlagsserie wurden am 13. November 2015 in Paris 130 Menschen getötet.

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