Russland-Affäre:Putin legt nahe, dass "patriotische" Russen die US-Wahl beeinflusst haben könnten

Wladimir Putin

Hat sich vor Reportern zum Einfluss von Hackern auf Wahlen geäußert: Wladimir Putin.

(Foto: AP)
  • Wladimir Putin hat erstmals die Möglichkeit eingeräumt, dass russische Staatsbürger hinter Cyberattacken während des vergangenen US-Präsidentschaftswahlkampfs stecken könnten.
  • Eine staatlich angeordnete Hacking-Attacke bestreitet der russische Präsident allerdings.
  • Er spricht lieber davon, dass Hacker "wie Künstler" seien, die ihre Ziele je nach Laune auswählten.
  • Hinter Putins Rhetorik steckt womöglich eine bestimmte Strategie.

Von Johanna Bruckner, New York

Vielleicht ist dieser Moment clever gewählt, vielleicht auch Zufall. Der amerikanische Präsident hat am Donnerstag gerade den Ausstieg Amerikas aus dem Pariser Klimaschutzabkommen verkündet, da wartet der russische Präsident mit einer hochinteressanten Neuigkeit auf: Vor Reportern in Sankt Petersburg räumt Wladimir Putin ein, dass womöglich doch russische Hacker versucht haben könnten, die US-Wahl 2016 zu beeinflussen.

Allerdings bestreitet er, dass der russische Staat dazu den Auftrag gegeben hat, berichtet die New York Times. Putin weicht damit deutlich von der bisherigen Kreml-Linie ab: dass nämlich Moskau nicht das Geringste mit all den im Raum stehenden Vorwürfen zu tun habe. Nach einer Cyberattacke auf Rechner der Demokratischen Partei waren im vergangenen Jahr über die Enthüllungsplattform Wikileaks brisante E-Mails publik geworden. Danach soll die Parteispitze versucht haben, die Kampagne von Hillary Clintons Vorwahlgegner Bernie Sanders zu untergraben.

Bisher war aus Russland dazu nur zu hören, Opfer einer antirussischen Hetze zu sein. Angetrieben von enttäuschten Demokraten. Jetzt aber ganz neue Töne. Der russische Präsident will zwar nicht selbst involviert gewesen sein. Die womöglich russischen Hacker aber nimmt er vorsichtig in Schutz. Putin vermutet, sie hätten aus privatem, patriotischem Antrieb heraus in die große Politik hineinpfuschen wollen.

Von Hackern und Künstlern

Auch in Deutschland ist die Sorge verbreitet, dass russische Hacker den Ausgang der Bundestagswahl im September beeinflussen könnten. Dazu sagte Putin: Hacker seien "wie Künstler, die ihre Ziele danach auswählen, wie sie sich morgens fühlen, wenn sie aufwachen". Solche Attacken könnten aber mitnichten einen Wahlausgang in Europa, Amerika oder sonst wo entscheiden.

Wenn ein Künstler aufwache und guter Dinge sei, male er ein Bild, sagte Putin. Ein Hacker reagiere eben, wenn er morgens etwas über staatliche Beziehungen lese, das ihn zum Handeln veranlasse. Und wenn er patriotisch eingestellt sei, entscheide er sich womöglich, seinen Beitrag zu leisten im Kampf gegen jene, die schlechte Dinge über Russland sagten. Aus Sicht des Hackers sei das, was er tue, richtig.

Die New York Times deutet das als Anspielung auf Hillary Clinton. Die Präsidentschaftsbewerberin der Demokraten hatte Putin immer wieder scharf kritisiert. Für seine Ukraine-Politik, aber auch den Umgang mit Syrien. Ganz anders Donald Trump: Der Republikaner hatte im Wahlkampf davon gesprochen, die amerikanischen Sanktionen gegen Russland aufzuheben.

Putins Botschaft ist klar: Der Regierung in Moskau sind die Cyberangriffe nicht anzulasten. Russland sei schließlich das letzte Land, das versuchen würde, einen freien Geist einzusperren! Das ist angesichts der zahlreichen Menschenrechtsverletzungen in Russland etwa gegen Journalisten politisches Whitewashing der zynischen Art.

Putins Ziel sei, spekuliert die New York Times, für mögliche Enthüllungen im Rahmen der in den USA laufenden Untersuchungen in der Russland-Affäre vorzubauen. Mit seiner Argumentation liegt Putin auf einer Linie mit Trump: Auch der hat bislang höchstens von Privatpersonen als Verantwortlichen gesprochen. In Bezug auf den Hackerangriff auf Server der Demokraten sagte er einmal: "Könnte jemand sein, der auf seinem Bett sitzt und 180 Kilo wiegt." Oder die Chinesen.

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