Sparklausur der Bundesregierung:Kahlschlag in der Verwaltung

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Sparen - aber wo? Bei der Haushaltsklausur wird um jeden Posten hart gerungen - doch einige Eckpunkte hat die Regierung offenbar schon festgezurrt. Die Devise heißt: Ausgabenkürzung statt Steuererhöhung.

Die mit Spannung erwartete Haushaltsklausur der Bundesregierung hat noch gar nicht angefangen, da sickern schon die ersten Ergebnisse durch. Denn offenbar hat sich die Regierung bereits vor Beginn der Sitzung auf eine Reihe von Sparmaßnahmen und Einnahmeverbesserungen verständigt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel kurz vor der Sparklausur der Bundesregierung: Der Spielraum ist nicht groß. (Foto: getty)

Nach Informationen des Nachrichtenmagazins Der Spiegel will die Regierung bei den Verwaltungsausgaben des Bundes ab 2011 rund 800 Millionen Euro sparen. Dies solle über den Abbau von 15.000 Stellen in der Bundesverwaltung bis 2014 erreicht werden, meldete das Magazin.

Außerdem solle die für kommendes Jahr geplante Besoldungserhöhung für Bundesbeamte ausfallen.

Die Steuererhöhungen scheinen zudem endgültig vom Tisch zu sein, dafür soll nun bei Hartz IV gespart werden: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kündigte an, den Rotstift vor allem beim größten Brocken im Bundeshaushalt ansetzen zu wollen - bei den Sozialausgaben. Auch die FDP fordert Einschnitte bei der Unterstützung Arbeitsloser.

Merkel: "Neue Austarierung"

Merkel distanzierte sich von Rufen nach höheren Steuern aus Reihen der Union. Ohne zu erklären, bei welchen konkreten Posten sie sparen will, sagt sie, es sei "unabdingbar, dass wir in dem Verhältnis von Zukunftsinvestitionen zu Sozialausgaben eine neue Austarierung machen". Das könne "nicht einfach dadurch geschehen, dass man immer die Einnahmenseite erhöht, sondern das muss dadurch geschehen, dass man dann auch Strukturen der sozialen Sicherheit effizienter macht", sagte Merkel nach einem Treffen mit dem russischen Präsidenten Dmitrij Medwedjew im Schloss Meseberg bei Berlin.

Die Koalition will offenbar vor allem bei den Hartz-IV-Leistungen sparen. So soll der Zuschlag entfallen, den Arbeitslose bisher zwei Jahre lang erhalten, wenn sie vom Arbeitslosengeld I in das Arbeitslosengeld II wechseln, berichtete die Rheinische Post unter Berufung auf Koalitionskreise. Im ersten Jahr nach dem Übergang beträgt der befristete Hartz-IV-Zuschlag für Alleinstehende bis zu 160 Euro monatlich, im zweiten bis zu 80 Euro. Für Verheiratete gibt es maximal doppelt so viel.

Konkrete Pläne zu Kürzungen bei den Sozialausgaben hat auch Merkels Koalitionspartner FDP: Sie will Hartz-IV-Empfängern kein Elterngeld mehr zahlen, die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I für Ältere wieder kürzen und die Zusatzzahlungen für Ältere beim Übergang in Hartz IV streichen. Dass Langzeitarbeitslose zusätzlich zu ihrer Grundsicherung 14 Monate lang 300 Euro monatlich Elterngeld erhielten, bezeichnete FDP-Generalsekretär Christian Lindner als "systemwidrig". Zur Sanierung des Staatshaushaltes will die FDP sämtliche von der schwarz-roten Koalition eingeführten Sozialleistungen überprüfen. "Nicht alle sozialen Wohltaten der großen Koalition können wir uns heute noch leisten", sagte Lindner dem Berliner Tagesspiegel.

Dem Spiegel zufolge soll zudem Familienministerin Kristina Schröder (CDU) 500 Millionen Euro beim Elterngeld sparen.

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Steffen Heinzelmann

Unternehmen, die zurzeit bei der Öko-Steuer begünstigt sind, sollen dem Bericht zufolge in Zukunft mehr zahlen. Verschont würden dabei Firmen, die im internationalen Wettbewerb stünden.

Wo gibt es Sparmöglichkeiten? Das Kabinett berät am Sonntag und Montag auf einer Klausur. (Foto: ag.ddp)

Die Bahn solle künftig jährlich eine Dividende von 500 Millionen Euro an den Bund abliefern. Als Gegenleistung für die Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken sollten deren Betreiber eine Brennelementesteuer entrichten. Sie werde ein Aufkommen von 2,5 Milliarden Euro im Jahr haben. In Berlin sollen den Informationen zufolge die Kosten für den Wiederaufbau des Stadtschlosses von mehr als 400 Millionen Euro gespart werden. Das Projekt könne erst realisiert werden, wenn die Bundesfinanzen saniert seien, meldete der Spiegel unter Berufung auf Regierungskreise.

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte bereits angekündigt, dass sie mit ihrem Etat sieben Milliarden Euro unter dem Planansatz für 2011 bleiben werde. Dazu trägt auch die positive Entwicklung am Arbeitsmarkt bei. Ihr Sprecher Jens Flosdorff sagte der Deutschen Presse-Agentur, das Arbeitsministerium werde bei der Klausur über die sieben Milliarden Euro hinaus "einen deutlichen Sparbeitrag" anbieten. Weitere Details nannte er nicht.

Lindner wies den Vorwurf zurück, die FDP wolle den Sozialstaat schleifen und auf Kosten der Ärmsten sparen. Die Liberalen wollten lediglich die sozialen Standards wieder auf das Niveau der Regierung von Gerhard Schröder bringen, sagte er. "Was unter Rot-Grün sozialer Standard war, kann man ein paar Jahre später schwerlich als sozialen Kahlschlag kritisieren", sagte er. Außerdem würden der Wirtschaft Subventionen gestrichen und die Finanzbranche stärker besteuert: "Die Balance stimmt."

FDP: "Steuererhöhungen nicht diskutabel"

Kurz vor Beginn der Sparklausur erklärten die Liberalen Steuererhöhungen am Sonntag erneut für nicht diskutabel. "Mit der FDP wird es weder höhere Einkommenssteuern, höhere Mehrwertsteuern oder einen erhöhten Soli geben", sagte die FDP-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Birgit Homburger der Bild am Sonntag. "Das kann sich die Union abschminken. Es muss endlich gespart werden", betonte Homburger.

Angesichts der geplanten Kürzungen hat Linke-Chef Klaus Ernst der Bundesregierung Wahlbetrug vorgeworfen. Merkel müsse eingestehen, dass sie die Wähler betrogen habe, sagte Ernst. Vor der Bundestagswahl habe Merkel mehrfach geleugnet, dass Schwarz-Gelb einen Sozialabbau plane. "Dabei lagen die Giftlisten schon kurz nach der Bundestagswahl fertig auf den Tischen der Unterhändler des Koalitionsvertrags", sagte Ernst.

Bremens Regierungschef Jens Böhrnsen (SPD) warnte vor weiteren Sparmaßnahmen zulasten der Länder und Kommunen. Er fürchte, dass am Ende das Sparen die soziale Schieflage weiter verschärfen und wieder zulasten der Länder und Gemeinden gehen werde, sagte Böhrnsen auf dem SPD-Landesparteitag in Bremerhaven. "Ihr dürft uns in Berlin nicht in den Ländern und Gemeinden die Beine weghauen", sagte Böhrnsen.

An diesem Sonntag beginnt die zweitägige Sparklausur der Bundesregierung, auf der ein Paket aus Streichungen und steuerlichen Maßnahmen gegen das Rekord-Staatsdefizit geschnürt werden soll. Um die gesetzlich festgelegte Schuldenbremse einzuhalten, sind für die kommenden Jahre Einsparungen von jeweils zehn Milliarden Euro im Gespräch.

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