US-Kongresswahl:Obama - zum Kompromiss gezwungen

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Die amerikanischen Wähler haben ihren Präsidenten abgestraft - aber es hätte noch schlimmer kommen können. Denn Amerika will den Kompromiss. Die Botschaft ist einfach: Arbeitet zusammen.

Reymer Klüver, Washington

Alles ist so gekommen, wie zu fürchten war. Der prognostizierte Tsunami ist über Amerikas Demokraten zusammengeschlagen und hat ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus hinweggespült. Nur zwei Jahre, nachdem die Amerikaner Barack Obama geradezu euphorisch gefeiert hatten und die Republikaner auf Jahre hin diskreditiert zu sein schienen, haben die Wähler seiner Partei das Vertrauen wieder entzogen.

Tea-Party-Anhänger feiern auf einer Party in Washington den Sieg der Republikaner. (Foto: AP)

Und es ist da nur ein schwacher Trost, dass die Demokraten sich mit knapper Not an ihre Mehrheit im Senat haben klammern können.

Viele Botschaften werden in den kommenden Tagen aus den Ergebnissen herausgelesen werden. Drei dürften schon jetzt nicht zu übersehen sein. Eine für die geschlagenen Demokraten, die andere für die triumphierenden Republikaner, und eine an beide Seiten gerichtet.

Natürlich war die Wahl ein Referendum über den Präsidenten. Jede Zwischenwahl ist das. Die Amerikaner haben Barack Obama ihre Unzufriedenheit überdeutlich spüren lassen. Sie haben signalisiert, dass sie all das herzlich wenig beeindruckt hat, was er bisher vorzuweisen hat, mag es auch noch so respektabel sein - die Gesundheitsreform, die schärfere Regulierung der Finanzmärkte, das zurückgewonnene Ansehen der USA im Rest der Welt. Für sie zählt nur eins: die Wirtschaft. Obama muss sie wieder in Schwung bringen, darauf hat er sich zu konzentrieren. Sonst kann er auch den nächsten Wahldurchgang in zwei Jahren vergessen: seine Wiederwahl.

Die Kandidaten dürfen nicht unseriös wirken

In diesem Zusammenhang wird nicht unbeobachtet bleiben, dass es den Kandidaten wenig genutzt hat, wenn der Präsident zu ihren Gunsten in den Wahlkampf eingegriffen hat. In Virginia hat der Kongressabgeordnete Tom Perriello sein Mandat eingebüßt, in Ohio hat Gouverneur Ted Strickland seinen Job verloren, und in Pennsylvania hat Joe Sestak den Senatssitz nicht halten können. Überall war Obama in den letzten Tagen noch selbst aufgetreten.

Aber dann ist da die Botschaft an die Republikaner. Nicht nur, dass sie aus dem Schicksal der Demokraten ihre Lehre ziehen sollten - dass Hochmut schnell und gnadenlos abgestraft wird vom Wähler. Vielmehr haben die Amerikaner den Republikanern zu verstehen gegeben, dass sie den Schwung, den die Tea-Party-Revolte in die politische Debatte gebracht hat, sehr wohl zu schätzen wissen. Und dass sie die nagende Sorge der Neuen Rechten teilen, dass ihr Land unaufhaltsam ins Trudeln gerät, wenn es der horrenden Verschuldung nicht Herr wird.

Doch die Amerikaner mögen es nicht, wenn die Kandidaten zu sehr von der Mitte abweichen, zu unseriös wirken. Deshalb fielen die Heroinen der Tea Party in Delaware und Nevada durch, die Senatskandidatinnen Christine O'Donnell und Sharron Angle. Hätten die Republikaner dort nicht den rechten Radikalen in der eigene Partei das Feld überlassen, hätten sie jetzt auch im Senat die Mehrheit.

Im Repräsentantenhaus haben sie nun das Sagen. Im Senat aber geht noch immer nichts gegen die Demokraten. Und im Weißen Haus sitzt ohnehin mindestens zwei Jahre noch ein Demokrat. Amerika will den Kompromiss. Das ist die dritte Botschaft dieser Wahl, an beide Parteien und den Präsidenten gleichermaßen. Sie lautet ganz einfach: Arbeitet zusammen.

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