Bundesliga:Der Bremer, der in Hamburg geliebt wird

Aaron Hunt

Aaron Hunt spielt zum ersten Mal im Hamburger Trikot gegen seinen alten Verein.

(Foto: dpa)
  • Aaron Hunt war im Winter schon fast auf dem Weg in die Türkei - nun fliegen ihm nach seinen zwei Toren gegen Hoffenheim die Sympathien zu.
  • Der Ex-Bremer hat immer noch eine starke Bindung in seine Heimatstadt.
  • Der Besitzer eines seiner Leiblingsrestaurants droht ihm spaßeshalber Lokalverbot an, wenn er gegen Bremen treffen sollte.

Von Jörg Marwedel, Hamburg

Normalerweise ist es nichts Ungewöhnliches in diesem Geschäft, dass Fußballer in ihr altes Stadion zurückkehren - als Gegner. Bei Aaron Hunt ist diese Rückkehr am Sonntag im Trikot des Hamburger SV aber schon eine besondere Heimkehr. 13 Jahre kickte der dreimalige Nationalspieler für Werder Bremen - bis 2014. In zehn Jahren als Profi bestritt er 215 Bundesligaspiele für Werder, in denen er 46 Tore schoss. Der Junge aus dem Harz wohnte als Jugendlicher im Nachwuchsleistungszentrum, oft hatte er Heimweh nach der Familie. Später wurde er so etwas wie der Taktgeber der Bremer, sie ließen ihn nur ungern nach Wolfsburg ziehen, wo ihn der frühere Werder-Manager Klaus Allofs mit einem stattlichen Gehalt hinlockte.

Und nun ist die kleinere Hansestadt so etwas wie sein wirkliches Zuhause geworden. Wenn es ihm die Zeit erlaubt, fährt er die 110 Kilometer über die Autobahn A1 runter, um etwa bei seinem alten Freund zu essen, dem Besitzer eines Restaurants an der Schlachte. Dieser hat ihm spaßeshalber schon gedroht, dass er Lokalverbot bekomme, falls er am Sonntag ein Tor gegen Werder mache. Und Hunt hat via Bild-Zeitung gekontert: "Oh, das muss ich wohl in Kauf nehmen."

Denn es sieht so aus, als könne der Profi seinem Herzensverein richtig weh tun. Erstmals nach seinem Weggang, der ihn über Wolfsburg nach Hamburg führte, steht er in einer Startelf gegen Werder. Bisher war er stets verletzt, wenn ein Nordderby anstand. Und vor allem ist er erstmals wieder so stark wie zu besten Bremer Zeiten. Er dirigiert das HSV-Spiel auf eine Weise, wie es sich Trainer Markus Gisdol kaum noch hätte vorstellen können, denn er vermisste bei Hunt lange Zeit das "Arbeiten gegen den Ball". Fast wäre Hunt im Winter in die Türkei abgewandert, doch die Verhandlungen mit Trabzonspor scheiterten. Inzwischen will Gisdol den Filigran-Fußballer, der noch einen Vertrag bis 2018 hat und in der Hinrunde unter seiner Leitung nur 122 Minuten auf dem Feld stand, nicht mehr abgeben.

Dem Ex-Bremer Hunt schlägt in Hamburg ungewohnte Sympathie entgegen

Nach dem 2:1-Sieg gegen die TSG Hoffenheim am vergangenen Wochenende, bei dem Hunt beide Tore erzielte, lobte Gisdol seinen Mittelfeldakteur als jemanden, der auch im gesetzten Alter von 30 Jahren noch etwas gelernt habe. Inzwischen sei der Techniker Hunt ein wirklich sehr "guter Pressing-Spieler" geworden - einer, der nun auch als geschickter Balljäger und Kämpfer unterwegs ist. Und das ist ja für den Fußballlehrer Gisdol eine Grundvoraussetzung in seinem System.

Noch nie wurde Hunt, der bei den HSV-Fans lange das Manko des Bremers mit sich schleppte, so sehr gefeiert bei seiner Auswechslung wie beim Hoffenheim-Spiel. Als er am nächsten Tag zum Fanklub "Hamburger Jungz" nach Lübeck reisen musste, schlug ihm eine bisher ungewohnte Sympathie entgegen. Und auch die Kollegen stimmten geradezu Hymnen auf ihren Mitspieler an. "Er ist ein überragender Spieler", sagte Dennis Diekmeier, der zweite HSV-Profi mit Bremer Vergangenheit, "was er am Ball kann, können nur wenige". Und Lewis Holtby, sein Partner im Mittelfeld erklärte, Hunt sei schon die letzten zehn Jahre ein Top-Fußballer gewesen: "Jeder hat mal eine schwere Phase, aber die ist bei ihm vorbei."

Nun kehrt Hunt ins Weserstadion zurück zu einem Duell, in dem es für beide Klubs trotz unverkennbaren Aufwärtstrends (die Bremer sind Dritter der Rückrundentabelle, der HSV Sechster) noch um die letzten Punkte für den Klassenerhalt geht. Es ist durchaus damit zu rechnen, dass manche Bremer Fans ihrem Abtrünnigen keinen guten Empfang bereiten. Sein ehemaliger Werder-Kollege Zlatko Junuzovic erinnerte die Anhänger aber noch einmal daran, "was Aaron Großes für den Verein geleistet hat". Und natürlich wisse er, dass Hunt "Werder noch in seinem Herzen" trage. Doch während den forschen Ex-Bremer Diekmeier Pfiffe noch anstacheln, wie er selber sagte, ist Hunt ein Stück sensibler. Junuzovic ist ziemlich sicher, dass er "ein mulmiges Gefühl" haben wird, wenn er das erste Mal als Gegner im Weserstadion aufläuft.

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