Fußball in Spanien:Ferien im Hotel Shangri-La

Beim FC Barcelona hängt der Haussegen schief: Wegen falscher Bilanzen beschließt der Verein, seinen einstigen Präsidenten Joan Laporta vor Gericht zu bringen - der frühere Barça-Boss soll auf dubiose Weise Klubgelder verprasst haben.

Javier Cáceres

Samstagnacht war zumindest sportlich wieder alles in Ordnung in "Can Barça", dem Hause FC Barcelona. Die bislang größte Herausforderung der Saison, der bisherige Tabellenführer FC Valencia, war nach einem 0:1-Rückstand (Pablo Hernández, 38.) 2:1 besiegt worden; die Tore erzielten die Weltmeister Iniesta (48.) und Puyol (63.). Dass Real Madrid nach dem 4:1-Sieg in Málaga mit einem Punkt Vorsprung in der Tabelle voraus ist, fiel bei den Betrachtungen nicht ins Gewicht, die Saison ist ja erst sieben Spieltage alt.

Fußball in Spanien: Iniesta (oben) & Co. bejubeln einen der beiden Treffer des FC Barcelona beim 2:1 gegen Valencia am vergangenen Wochenende.

Iniesta (oben) & Co. bejubeln einen der beiden Treffer des FC Barcelona beim 2:1 gegen Valencia am vergangenen Wochenende.

(Foto: AP)

Für Debatten sorgte vielmehr, dass Haus- segen reichlich schief hängt. Stunden vor der Partie hatte die Jahreshauptversammlung des Klubs in angespannter Atmosphäre und mit der bloß kleinen Mehrheit von 29 Stimmen (469:438) beschlossen, den erfolgreichsten Präsidenten der 1899 begründeten Vereinsgeschichte, Joan Laporta, wegen möglicher Untreue vor Gericht zu bringen. 113 Mitglieder, darunter Laportas Nachfolger Sandro Rosell, enthielten sich.

Verlust statt Gewinn

Der Grund für den beispiellosen Weg vor ein Gericht sind die Berichte der Wirtschaftsprüfer von KPMG und Deloitte, die in einer nicht nur für spanische Verhältnisse bemerkenswert schonungs- losen Weise offenlegten, wie in manchen Fußballvereinen gewirtschaftet wird. Weil die Einnahmen zwar jährlich um elf Prozent, die Ausgaben aber um 20 Prozent stiegen, machte Barcelona im vergangenen Jahr einen Verlust von 79,6 Millionen Euro - und nicht etwa, wie von Laporta behauptet, einen Gewinn von 11,1 Millionen.

Auch für das kommende Jahr müsse mit einem Verlust von mehr als 20 Millionen Euro gerechnet werden, sagte Rosell; bis der Klub wieder stabilisiert sei, würden noch drei Jahre vergehen. Die Schulden hätten sich in den vergangenen zwei Jahren auf 430 Millionen Euro verdoppelt, wobei der Transferflop Zlatan Ibrahimovic, nunmehr beim AC Milan, unter anderem deshalb gleich mit 37,2 Millionen zu Buche schlug, weil dessen Agent eine Provision von acht Millionen Euro erhielt.

Pikante Details

Zu Laportas Umgang mit dem Geld des Vereins, dem er von 2003 bis 2010 vorstand, förderten die Prüfer pikante Details zutage. So gab der Verein knapp drei Millionen Euro für die Sicherheit des Präsidenten und Privatdetektive aus- Rechnungen oder Spitzelberichte sind im Vereinsarchiv aber nicht zu finden.

Joan Laporta präsentiert die neuen Trikots des FC BArcelona für die Saison 2005/06

Barcelonas ehemaligem Klubchef Joan Laporta droht wegen Veruntreuung von Vereinsgeldern ein Gerichtsverfahren.

(Foto: REUTERS)

Schon länger bekannt ist, dass der 48-jährige Laporta Mitglieder seines Präsidiums ausspähen ließ, darüber hinaus versicherte Rosell, dass nicht nur er selbst, sondern auch Journalisten ausgekundschaft worden seien. Für das Champions-League- Finale 2009 ließ sich das Präsidium überdies rund 1500 Karten reservieren. Kostenpunkt: 631.000 Euro.

90.000 Euro für U2-Karten

Die Tickets für das Final-Four-Finale der Basketballer 2010 kosteten 177.000 Euro, die 1600 für ein U2-Konzert knapp 90.000 Euro. Die Kreditkarte von Laportas Bodyguard wurde angeblich mit 320.000 Euro belastet, ein Vizepräsident verprasste angeblich 51.000 Euro in Restaurants, Parfumläden und anderen Lokalen. Das größte Mysterium birgt indes ein kleinerer Posten: Dass unter dem Stichwort "Hotel Shangri-La Doha" knapp 1500 Euro anfielen, ist kurios - das Hotel soll 2011 erst eröffnet werden.

Der mittlerweile in die Politik abgewanderte Laporta hatte sich schon vor der Jahreshauptversammlung gegen den Vorwurf der Misswirtschaft gewehrt. Er unterstellt Rosell, der einst ein enger Freund von ihm war, aus politischen Gründen "eine destruktive Politik" zu betreiben und seine Erfolge (unter anderem zwei Champions-League- Siege, ein Weltpokalsieg) in den Dreck ziehen zu wollen. Die Differenzen könnten auch so zu erklären sein: Rosell steht den bürgerlichen Nationalisten nahe, die wegen Laportas neuer, separatistischer Partei Stimmenverluste fürchten mussten. Diese Angst dürfte nun weitgehend gebannt sein.

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