Fußball-WM: Holland - Dänemark:Fast wie ein Favorit

Die Holländer brauchen beim 2:0-Sieg gegen Dänemark ein Eigentor, um ihrer Favoritenrolle gerecht zu werden. Erst als ein Hamburger eingewechselt wird, dominiert Oranje das Spiel. Mark van Bommel blickt neidisch auf die Deutschen.

Michael König

Es gibt ein paar ungeschriebene Gesetze im Fußball. Eines davon lautet: Vor der WM ist Holland ein Favorit auf den Titel. Ein zweites lautet: Deutschland ist eine Turniermannschaft, und wenn sich nach dem ersten Spiel abzeichnet, dass die DFB-Elf gut in Form ist, ist sie im Vergleich zu den Holländern der größere Favorit. Das ist nicht böse gemeint, sondern eine Konsequenz aus der Geschichte: Bei acht WM-Teilnahmen gewannen die Oranjes kein einziges Mal, während Deutschland (16 Teilnahmen) bekanntlich dreimaliger Weltmeister ist.

Netherlands v Denmark: Group E - 2010 FIFA World Cup

Die Vuvuzelas nerven nicht nur die Fernsehzuschauer: Robin van Persie beschwert sich beim Schiedsrichter über den Lärm.

(Foto: getty)

Diesmal legte Deutschland zum Auftakt ein 4:0 gegen Australien vor, und weil es der Spielplan so wollte, musste Holland tags darauf beweisen, dass es seiner Favoritenrolle gerecht werden kann. Gegen Dänemark quälte sich das Team von Bert van Marwijk zu einem 2:0, bei dem ausgerechnet ein Eigentor des Dänen Daniel Agger, der von seinem Mitspieler Simon Poulsen angeköpft worden war, die Niederländer in Führung brachte. Dirk Kuyt erhöhte in der Schlussphase zum Endstand. "Der Rasen war hart. Wir konnten den Ball nicht so laufen lassen wie wir wollten", sagte Mark van Bommel vom FC Bayern und fügte schmunzelnd hinzu: "Ich habe die Deutschen gesehen. Die hatten perfekte Bedingungen."

Ungünstig getroffen

Simon Poulsen lächelte recht ungläubig, denn durch seinen Kopfball war gelungen, woran Hollands hochbezahlte, international erfahrene Offensivreihe 47 Minuten lang gescheitert war. Rafael van der Vaart (Real Madrid), Dirk Kuyt (FC Liverpool), Wesley Sneijder (Inter Mailand) und in der Spitze Robin van Persie (FC Arsenal) hatten sich in der vielbeinigen Abwehr der Dänen festgelaufen oder am Tor vorbei geschossen. Die furchteinflößenden Namen auf den Trikots passten nicht recht zu den Fußballern, die darin steckten.

Das kam überraschend, denn diejenigen Experten, die Holland zum Favoriten erklärt hatten, waren sich sicher gewesen: An der Offensivreihe würde es nicht scheitern. Dieser Ansicht war offenbar auch Bondscoach van Marwijk, der auf die Verletzung von Arjen Robben mit einiger Gelassenheit reagiert und dem Star des FC Bayern signalisiert hatte, er solle seinen Muskelfaserriss in Ruhe auskurieren: "Schließlich brauchen wir ihn noch im Laufe des Turniers." Der 35 Jahre alte Giovanni van Bronckhorst hatte lapidar hinzugefügt: "Wir haben ein paar Spieler, die den Unterschied ausmachen können."

Es war in der 47. Minute allerdings keiner dieser Spieler, die hochstiegen und den Ball ins dänische Netz köpften, sondern Poulsen, der 25 Jahre alte Verteidiger vom AZ Alkmaar. Er traf das Spielgerät derart ungünstig, dass es an den Rücken seines Mitspielers Agger prallte - und von dort zum 1:0 ins Tor. Dänemark hatte sich selbst überlistet und musste nun in der Offensive etwas tun. Das jedoch erwies sich als schwierig.

Kuyt steht richtig

Zwar gilt die Defensive als wesentlicher Schwachpunkt der Niederländer - ihr Chef, Giovanni van Bronckhorst, ist 35 Jahre alt und hat seine besten Tage längst hinter sich. Um sie in Bedrängnis zu bringen, braucht es jedoch torgefährliche Angreifer. Dänemarks Trainer Morten Olsen hatte diesen Job Nicklas Bendtner zugeteilt, der beim FC Arsenal spielt und in Dänemark als Jahrhunderttalent gefeiert wird.

Bendtner hatte in der ersten Halbzeit tatsächlich eine gute Möglichkeit zur Führung, köpfte jedoch am Tor vorbei. Und nach Poulsens Missgeschick, als er wirklich gebraucht wurde, musste Bendtner wegen Leistenproblemen vom Platz.

Eine gute Idee

So konnte Holland einigermaßen unbedrängt daran arbeiten, es den Deutschen gleichzutun und wie ein Favorit aufzutreten. Das klappte lange nicht wirklich: Robin van Persie vergab eine dicke Chance, Mark van Bommel schoss aus der Distanz ans Außennetz. Überzeugend sah das nicht aus. Dann jedoch hatte van Marwijk eine gute Idee: Er wechselte Eljero Elia vom Hamburger SV ein.

Bis dato hatte die dänische Abwehr gut ausgesehen, mit Elia war sie jedoch überfordert. In der 85. Minute sprintete Elia seinem Gegenspieler Jacobsen davon und traf den rechten Außenpfosten. Diesmal brauchte es keinen unglücklichen Dänen, um den Ball ins Netz zu bugsieren - diesmal stand Dirk Kuyt richtig. Holland feierte das 2:0, die Entscheidung und die Tatsache, dass es seiner Favoritenrolle dennoch gerecht geworden war.

Auf der Tribüne schwenkten einige Fans Repliken des WM-Pokals aus Plastik - allerdings eher zaghaft. Sie wussten, wie oft ihre Hoffnungen schon enttäuscht worden sind - und wie häufig am Ende die Deutschen das erfolgreichere Team waren.

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