Männer-Slalom am Sonntag:Die letzte Chance

Ski alpin: Weltmeisterschaft

Ziel: "Noch einmal einen raushauen." Felix Neureuther bei der WM.

(Foto: Michael Kappeler/dpa)

Bisher ging nichts zusammen für die deutschen Skifahrer in St. Moritz. Am Schlusstag aber will Felix Neureuther, mal wieder von Verletzungen geplagt, bei seinem wohl letzten WM-Start "noch einmal einen raushauen".

Von Johannes Knuth, St. Moritz

Am Samstag gehörten die Schlagzeilen bei der Ski-WM noch mal dem Skirennfahrer Felix Neureuther, auch wenn der Anlass nur entfernt mit Skirennfahren zu tun hatte. Sondern mit einem Impulsreferat, das Neureuther nach dem Riesenslalom gehalten hatte.

Eine Propellermaschine des Schweizer Militärs war über den Zielraum gerauscht, bei einer Flugschau. Die Maschine hatte ein Seil touchiert, eine TV-Kamera klatschte in den Zielbereich von St. Moritz, verletzt wurde niemand. "Schon Wahnsinn", sagte Neureuther. Die Schweizer, fuhr er fort, seien "ein sehr korrektes" Volk, "das bei jedem Stundenkilometer, den man zu schnell fährt, immer rumtut". Neureuther kann da durchaus auf das eine oder andere Fallbeispiel zurückgreifen, aus eigener Erfahrung, aber dieses Themengebiet umfuhr er dann doch lieber. Er fügte stattdessen an: "Und dann können sie nicht einen Meter höher fliegen", er meinte die Piloten, "das geht mir nicht in den Kopf rein." Die Schweizer Boulevardzeitung Blick reichte die Anmerkungen am Samstag auf ihrer Titelseite ans Militär weiter, wenn auch etwas freier übersetzt: "Neureuther: Die Schweizer sind zu deppert."

Im Riesenslalom kam Neureuther auf Platz 16: "Eigentlich wurscht"

Es sind, nun ja, ereignisreiche Tage für den 32-Jährigen, bei seiner achten und wohl letzten WM. Bloß, dass die WM noch nicht jenem Skript folgt, das Neureuther ausgearbeitet hatte. Im Teamevent am Dienstag verletzte er sich am Rücken, mal wieder. Er bekam sich gerade noch für den Riesenslalom am Freitag fit, wurde 16. "Eigentlich wurscht", sagte Neureuther über seinen Auftritt, den er zum "Belastungstest" für den Slalom umfunktioniert hatte, nach allem, was zuvor passiert war. Immerhin, der Test sei zufriedenstellend verlaufen. "Jetzt gilt's zu regenerieren, sich auf den Sonntag vorzubereiten", sagte Neureuther, "und da dann einen rauszuhauen". Einen raushauen?

Neureuther hat in seinen mittlerweile 14 Jahren im Skibetrieb oft aus wenig viel machen müssen, und daran wird sich auch in seinem wohl letzten WM-Slalom nichts ändern. Er ist nach wie vor ein Athlet mit eingebautem Trainingsrückstand, die Nachwehen vieler Rückenschäden. Vor den Winterspielen 2014 rauschte er in eine Leitplanke, auf dem Weg zum Flughafen, er traf schwer verbeult in Sotschi ein, wurde trotzdem Achter im Riesenslalom. Vor zwei Jahren reiste er als bester Slalompilot des Winters zur WM nach Vail, aber dem Rücken ging es da schon schlecht. Neureuther wurde Dritter, mit Schmerzen und Schmerzmitteln. Später, beim Saisonfinale, entglitt ihm auch noch die Gesamtwertung im Slalom-Weltcup, um die er sich seit Jahren bemühte hatte, erfolglos. Am Ende, sagten sie im Deutschen Skiverband, wussten sie oft nicht, ob er es noch zum Frühstück schafft.

Ob er besser auf den Team-Wettbewerb verzichtet hätte?

Neureuther entwarf also mit seinem Physiotherapeuten Oliver Saringer einen Zwei-Jahres-Plan, noch einmal Olympia, noch einmal Weltklasse, aber ohne Schmerzdämmer. Er ließ den Rücken heilen, leistete sich im vergangenen Winter eine Übergangssaison, gewann seinen zwölften Weltcup, wirkte vor diesem Winter so ausgiebig an der Vorbereitung mit wie seit Jahren nicht mehr. Zuletzt musste Neureuther allerdings feststellen, dass es gar nicht so einfach ist, sich wieder in die Weltspitze zurückzudrängeln. Er wurde vor der WM einmal Zweiter, zweimal Dritter, er haderte mit seinem Setup, fiel aus seiner Sicherheit, und als er vor St. Moritz die Forschungsarbeiten vorantreiben wollte, verletzte er sich am Knie. Manche im DSV hätten es durchaus lieber gesehen, wenn Neureuther auf den Teamwettbewerb am Dienstag verzichtet hatte. Zumal sie neben Stefan Luitz in Linus Straßer eine weitere Fachkraft für das Parallelformat beschäftigen. Und jetzt?

Der Slalom am Sonntag ist das letzte Rennen, in dem der DSV eine medaillenlose WM noch abwenden kann, doch Favoriten sind die anderen, mehr denn je. Straßer stimmte sich mit einem hervorragenden zwölften Platz am Freitag ein, getragen von zarter Wut, im Team-Event nicht zum Zug gekommen zu sein. "Ich sag mal so", sagte Straßer, "es hat die ganze Situation auf jeden Fall nicht verschlechtert", er meinte seinen Riesenslalom. Luitz hatte seinen lauwarmen 14. Platz da "schon abgehakt"; im Slalom, sagte er, "stehen wir ja ganz gut da".

Einmal würden sie in St. Moritz gerne noch mal die Schlagzeilen bestimmen, diesmal mit sportlichen Erträgen.

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