Neuer Sponsor beim FC Barcelona:"An den Teufel verkauft"

Der FC Barcelona wird in Spanien heftig kritisiert, weil er künftig für die umstrittene Qatar Foundation wirbt. Selbst Klub-Ikonen wie Johan Cruyff wenden sich frustriert ab. Sie fürchten um die Seele des Vereins.

Javier Cáceres

Es gibt so einige Elemente, die den FC Barcelona von anderen Vereinen unterscheiden; komplette Bücher sind dazu geschrieben worden. Seinem mythisch überhöhten Selbstverständnis zufolge ist Barça sogar "més que un club", zu Deutsch: "Mehr als ein Klub", weil er in den Jahren der faschistischen Franco-Diktatur (1939 bis 1975) zum Hort des Widerstands wurde, zum "symbolischen, unbewaffneten Heer Kataloniens", wie es der verstorbene Schriftsteller Manuel Vázquez Montalbán formulierte.

Barcelona's President Rosell embraces CEO of Qatar Sports Investment Ahmed Al-Sulaiti after signing a sponsorship contract with the Qatar Foundation in Barcelona

"Wir haben uns entschlossen, nach Reisepartnern zu suchen, die den solidarischen Charakter unseres Trikots untermauern", sagt Barcelonas Präsident Sandro Rosell (re.) über den Werbedeal mit der "Qatar Foundation".

(Foto: REUTERS)

Lange Zeit kam dieses Selbstverständnis auch auf dem Trikot zum Tragen: Es war, wie es in Katalonien hieß, "unbefleckt". Frei von kommerzieller Werbung. Das Leibchen schnöde für Mammon verkaufen? So wie es Allerweltsvereine wie Bayern München, Real Madrid oder Manchester United tun? Niemals!, lautete selbst dann noch die Antwort der "socis", der Mitglieder des Klubs, als Weltfirmen mit aberwitzigen Millionensummen lockten.

Als das Präsidium das Trikot doch beflocken ließ, mit dem Kürzel des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen, nahmen die "socis" das gerade eben noch so hin: "Unicef" klang politisch korrekt. Und überhaupt: Barcelona zahlte auch noch in Form von Spenden 1,5 Millionen Euro jährlich drauf.

Nun aber ist Barcelona angesichts einer Verschuldung von offiziell 430 Millionen Euro netto (600 Millionen Euro brutto) doch den Verlockungen des Geldes erlegen. 165 Millionen Euro erhält Barça dafür, dass ab 2011 und fünf Jahre lang "Qatar Foundation" auf dem Trikot prangt, der Name einer nach eigenen Angaben gemeinnützigen Stiftung des Emirats. "Unicef" wandert auf einen kleineren Platz unter den Rückennummern.

"Wir haben uns entschlossen, nach Reisepartnern zu suchen, die den solidarischen Charakter unseres Trikots untermauern", sagte Sandro Rosell, seit Sommer Präsident Barcelonas, als er den Deal vorstellte. Mit den Petrodollars sollten "Löcher gestopft werden", man habe "einen Schritt zurück gemacht, um drei Schritte nach vorne zu tun". Doch nicht nur in Katalonien nehmen Stimmen zu, die ihm vorwerfen, dem Trikot einen allzu großen Öl-Fleck verpasst zu haben.

Denn trotz einiger Reformbemühungen entspricht die absolute Monarchie Katar den Werten von Freiheit und Toleranz, für die der FC Barcelona seit seiner Gründung im Jahr 1899 steht, eher weniger. Insbesondere in der Frage der Menschenrechte hat das von Rosell als "fortschrittlich" gerühmte Katar einigen Aufholbedarf: Hauptquelle der Rechtsprechung im Fußball-WM-Gastgeberland für 2022 ist weiterhin die Scharia, die auf dem Koran beruht und mit freiheitlich-demokratischen Grundordnungen eher wenig zu tun hat.

Cruyffs bittere Kritik

Frauen werden diskriminiert, fremde Arbeiter haben keine Rechte, in den Kerkern des Landes darben noch immer politische Gefangene - und dass Homosexuelle mindestens Peitschenhiebe, womöglich gar den Tod riskieren, ist spätestens seit der Häme des Fußballweltverbandspräsidenten Joseph S. Blatter ("dann müssen sie sich halt bei der WM mit sexuellen Aktivitäten zurückhalten") bekannt.

David Villa

Der bisherige "Unicef"-Schriftzug auf den Trikots Barcelonas wandert zukünftig auf die Rückseite.

(Foto: AP)

Auch die mit Milliarden ausgestattete Qatar Foundation ist nicht ganz so unschuldig, wie sie gerne tut. Eines ihrer Stipendien ist nach dem ägyptischen Prediger Yussuf al-Qaradawi benannt, der im katarischen TV-Sender al-Dschasira nicht nur gegen die japanischen Comic-Monster Pokémon agitiert, die er als Werk von "Juden und Freimaurern" gegeißelt hat. Über allen anderen Dingen, so al-Qaradawi, sollten Palästinenser anstreben, zu menschlichen Bomben zu werden; schwangere israelische Frauen in den Tod zu reißen sei völlig in Ordnung, "sie sind der Feind".

Zu seinen bekanntesten Hetz-Reden zählt ein Auftritt aus dem Januar 2009. Damals erklärte er, dass "Allah das jüdische Volk wegen seiner Verkommenheit gestraft" habe: "Die letzte Strafe wurde von Hitler vollzogen. Durch all die Dinge, die er ihnen getan hat - sogar, wenn sie diese Angelegenheit übertrieben haben -, gelang es ihm, sie auf ihren Platz zu verweisen. Das war ihre göttliche Bestrafung. So Gott will, wird das nächste Mal diese durch die Hand der Gläubigen erfolgen."

Entsprechenden Wirbel verursacht der neue Werbepartner auf politischem und publizistischem Parkett. Ein Europaabgeordneter der katalanischen Linkspartei ICV hat bereits eine parlamentarische Frage an die Europäische Kommission gestellt. Raül Romeva will wissen, ob diese das Werben für Qatar Foundation und Unicef für moralisch kompatibel hält. Die Kolumnistin Pilar Rahola befand, dass die neuen Barça-Mächtigen entweder unverantwortlich seien oder "sich an den Teufel verkauft haben".

Die Zeitung Marca, die schon seit einiger Zeit eine regelrechte Hass-Kampagne gegen den Barça-Trainer Josep Guardiola fährt, hält diesem nun täglich vor, Katar als Demokratie wie jede andere bezeichnet zu haben. Guardiola hatte seine Fußballer-Karriere unter anderem in Katar ausklingen lassen und sich wie Zinédine Zidane und andere Altstars als WM-Botschafter Katars einspannen lassen.

Für zusätzliche Aufregung sorgte am Montag eine Meldung der israelischen Zeitung Ma'ariv, wonach die israelische Regierung den FC Barcelona dränge, den Vertrag mit der Qatar Foundation aufzulösen. Das wurde offiziell dementiert - man habe wichtigere Probleme, als sich um das Trikot von Lionel Messi zu kümmern. Dafür fällte Barcelonas Klubikone Johan Cruyff ein wortverspieltes Urteil: Barcelona sei nun nicht mehr "més que un club", sondern "un club més": Nicht "mehr als ein Klub", sondern nur noch "ein Klub unter vielen".

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