Schalke 04: Raúl:Dubai de luxe

Raúl reiht sich mit dem Wechsel zu Schalke in den Senioren-Reigen der Bundesliga ein. Die deutsche Liga als exklusives Austragsstüberl? Sie hat Besseres vedient.

Christof Kneer

Warum eigentlich nicht Roberto Carlos? Er hat vielleicht nicht mehr den besten linken Fuß der Welt, aber zum besten linken Fuß des Ruhrgebiets würde es schon noch reichen. Er ist 37 und in São Paulo immer noch als spektakulärer Linksverteidiger tätig. Er sieht immer noch drahtig aus, und nach ein paar Wochen Magath würde er sich bestimmt fühlen wie 29. So alt ist übrigens Christoph Metzelder, der ehemalige Profi von Real Madrid, der den 33-jährigen Raúl zum Wechsel von Real nach Schalke überredet hat. Warum also nicht auch den einstigen Real-Profi Roberto Carlos, zumal Schalke - hallo! - einen Linksverteidiger sucht?

Man kann sich vorstellen, wie Roberto Carlos in der Bundesliga begrüßt würde. Die Liga würde platzen vor Stolz, der Spielerfrau beim Shoppen nachstellen und diesen Coup als weiteren Beweis für ihre Einmaligkeit nehmen. Mit anderen Worten: Die Liga würde so reagieren, wie sie auf Raúl reagiert hat und zuvor auf Michael Ballack, 33, Ruud van Nistelrooy, 34, und Sami Hyypiä, 36.

Beim Anblick dieser würdigen Galerie könnte man auf die Idee kommen, die Bundesliga für ein luxuriöses Austragsstüberl zu halten, für eine Art europäisches Dubai - oder gleich für eine Wiederaufbereitungsanlage für ehemalige Profis von Real Madrid. Von dort stammen auch van Nistelrooy und Arjen Robben, wobei Letzterer zu jung ist (26), um die Altersteilzeit-Theorie gelten zu lassen.

Wahr ist, dass die Liga immer noch zu klein ist für Helden der Zukunft wie Özil, Dzeko oder Khedira, die dabei sind, aus der Liga hinauszuwachsen. Wahr ist aber auch, dass sich die Bundesliga auf dem internationalen Markt eine respektable Nische erobert hat. Sie empfiehlt sich für Spitzenspieler, die sich auf der Zielgeraden der Karriere befinden oder vom Wege abgekommen sind - wie Robben, der bei Real vor allem sein Talent für Verletzungen nachwies, oder wie Franck Ribéry, der ziellos durch Frankreich getingelt war. In Europas Elite spricht sich herum, dass die Bundesliga verlässliche Gehälter und festliche Arenen bietet, in denen Fußball nicht so weh tut wie in England, aber ausgeglichener ist als in Italien oder Spanien.

Vielleicht wird auch Raúl bald feststellen, dass aus der Bundesliga eine Art Dubai de luxe geworden ist. Das Niveau dieser Liga ist inzwischen so konkurrenzfähig, dass vielleicht bald schon jüngere internationale Spitzenkräfte nach Deutschland kommen, um mit WM-Helden wie Bastian Schweinsteiger, Thomas Müller und natürlich Arne Friedrich in einer Liga zu spielen.

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