WM 2010: deutsche Elf:Beunruhigendes Vakuum

Der deutschen Elf winkt eine formidable Zukunft: Perspektivisch belasten die DFB-Elf jedoch zwei Fragen: Ist Michael Ballack re-integrierbar? Und wer soll im Jahr 2014 stürmen?

Christof Kneer, Centurion

Die spannende Frage wird dann lauten: Wie fit ist Michael Ballack? Wie hat er mit Bayer Leverkusen in der Bundesliga-Vorbereitung ausgesehen? Und vor allem: Wird ihn der Bundestrainer berufen?

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Zwei Problemkinder des DFB: Mario Gomez und Michael Ballack.

(Foto: ag.afp)

Gemäß der unwiderlegbaren These, dass nach dem Spiel bereits vor dem Spiel ist, beginnt für die deutsche Nationalmannschaft am 11. August mit einem Freundschaftsspiel in Dänemark die Vorbereitung auf die Qualifikation zur Europameisterschaft 2012. Es könnte aber gut sein, dass die DFB-Elf dabei eine andere, bisher für unwiderlegbar gehaltene These entkräftet: jene, dass nach Turnieren zwingend ein Umbruch im Team zu erfolgen habe. Unabhängig von der Bundestrainer-Frage dürfte die Elf, die sich auf den Weg zum Turnier nach Polen/Ukraine macht, den Zuschauern ziemlich bekannt vorkommen.

Niemand muss eine Elf umbrechen, deren Durchschnittsalter bei etwa 25 Jahren liegt; niemand muss Spieler verabschieden, die ihre Zukunft fast ausschließlich noch vor sich haben. Nach den letzten Turnieren gingen ja jeweils kleinere und größere Karrieren zu Ende, nach der WM 2006 verabschiedeten sich Oliver Kahn und Jens Nowotny, nach der EM 2008 Jens Lehmann und Oliver Neuville. Dazwischen verschwanden, schwer blessiert, der immer noch für nützlich befundene Bernd Schneider sowie, überhaupt nicht blessiert, der nicht mehr für nützlich befundene Torsten Frings.

Die zentrale Frage dürfte also in der Tat die Ballack-Frage werden. Er ist - neben Torwart Jörg Butt - der einzige, dessen Alter ihn theoretisch zu einem Rückzugskandidaten befähigen könnte, aber er selbst hat bereits mehrmals erklärt, dass er die EM 2012 noch in seinem Karriereplan notiert hat. Im Falle des gerade 32 Jahre alt gewordenen Miroslav Klose darf das sogar als sicher angenommen werden; er betrachtet den auf polnischem Boden ausgetragenen Teil des EM-Turniers als eine Art Heimspiel und wird sich gewiss noch den Mühen der Qualifikationsgruppe A stellen, in der es die DFB-Elf mit der Türkei, Österreich, Belgien, Aserbaidschan und Kasachstan zu tun bekommt.

Problemzone Sturm

Die Personalie Klose lenkt den Blick auf die zweite Problemzone, die der neue Bundestrainer, der vermutlich auch der alte ist, mit Hochdruck zu bearbeiten hat: die Sturmspitze. Wer soll Miroslav Klose bedrängen und, perspektivisch betrachtet, den Mittelstürmerposten bei der WM2014 in Brasilien angreifen? Mario Gomez scheint sich auf alarmierend stabile Art und Weise rückwärts zu entwickeln, Stefan Kießling und der wieder genesene Patrick Helmes gelten weiterhin als ambitionierte Kaderauffüller, ebenso Cacau, der den klassischen Mittelstürmerposten ohnehin nur nimmt, wenn ihn partout kein anderer haben will.

WM 2010 - Höhepunkte - Deutschland - Klose

Miroslav Klose möchte in der Nationalelf bis zur EM 2012 weitermachen.

(Foto: dpa)

Dort, wo einst Uwe Seeler und Gerd Müller, Klaus Fischer und Horst Hrubesch, Rudi Völler und Jürgen Klinsmann glänzten, droht dem DFB ein beunruhigendes Vakuum: Auch die mit Talenten reich gesegneten Juniorenmannschaften des DFB glänzen auf der zentralen Angriffsposition fast ausschließlich mit Leerstellen. In der U21 stürmen etwa Julian Schieber (von Stuttgart an Nürnberg verliehen), Richard Sukuta-Pasu (von Leverkusen an St. Pauli verliehen) sowie der Cacau-artige Halbstürmer Andre Schürrle (Mainz).

Ansonsten dürfte das Luxusproblem des Bundestrainers darin bestehen, ein paar Rückkehrer einzubauen (Adler, Rolfes, Westermann, Träsch, eventuell Hitzlsperger) und die Hierarchie unter den Talenten zu moderieren. Die Abwehrspieler Hummels, Höwedes und Reinartz bedrängen Tasci und Badstuber, die Flügelspieler Großkreutz, Reus und Sam bedrängen Marin und Trochowski, außerdem lauern die Außenverteidiger Diekmeier und Schmelzer sowie die Mittelfeldspieler Bargfrede und der Deutsch-Türke Gündogan. Der DFB kann es sich leisten, in Ruhe abzuwarten, welche der Großbegabungen stagnieren und welche sich nicht aufhalten lassen.

Im Übrigen haben auch Per Mertesacker und Arne Friedrich keinerlei Grund, sich sicher zu fühlen. Schließlich hat Felix Magath, der bekanntlich alles kann und alles weiß, beim Schalker Trainingsauftakt ,,den ehemaligen und kommenden Nationalspieler Christoph Metzelder'' begrüßt.

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