Geschmackssache: Gin

(Foto: Rodger Bosch/AFP)

Wann ging das eigentlich los, dass Gin nicht nur ein Getränk war, sondern ein Statussymbol? Vielleicht ist das ein Männerding, vielleicht verlangen wirre Zeiten wie diese aber auch in der Spirituosenwahl nach Distinktion und Klarheit.

Wann ging das eigentlich los, dass Gin nicht mehr nur ein Getränk war, sondern ein Distinktionsmerkmal? Dass es nicht mehr reicht, Bombay Sapphire, Gordon's, Tanqueray, Hendrick's und Beefeater zu kennen, sondern man sich an der Bar als Banause erweist, wenn man derlei bestellt und einem kein korrespondierendes Tonic Water dazu einfällt? Und seit wann gibt es selbst in Filialen des Günstighotels Motel One an die 40 Ginsorten? In Notting Hill eröffnete unlängst ein "Ginstitute", in dem es, natürlich, Craft Gin gibt und Interessierte sich in die Wacholderschnapsforschung vertiefen können. In London wird nun sogar ein alkoholfreier Gin hergestellt, und selbst im Bekanntenkreis sind Whiskeyfreunde längst zu feurigen Ginetics geworden, die sehr kultiviert über ihre Vorliebe reden. Vielleicht ist das ein Männerding, vielleicht verlangen wirre Zeiten wie diese aber auch in der Spirituosenwahl nach Klarheit, und ganz vielleicht sollte man einer Studie der Universität Innsbruck Beachtung schenken, nach der Psychopathen gerne Gin Tonic trinken, weil dieser Typ Mensch bitteren Geschmack bevorzugt. Ist es in der Gesellschaft womöglich kälter geworden, sodass auch der friedliche Rest sich am bitteren Schnappes wärmen muss? Vielleicht sind diese Annahmen aber auch Unfug, und vor allem jene, die Gin mit Tonic mixen, weise Menschen, weil sie eine Verschärfung des Klimawandels antizipieren. Erfunden haben das Mixgetränk nämlich die Befehlshaber des Empire in Indien. Mit dem Chinin, das im Tonic enthalten ist, schützten sie sich gegen Malaria, die in wärmeren Gebieten durchaus vorkommt. So gesehen ist Gintrinkern für so viel Weitsicht Respekt zu zollen.