EU will Tabakrichtlinie verschärfen:Viele Marken, nur noch eine Schachtel

Packungen für Zigaretten könnten bald alle gleich aussehen: schwarz-weiß. Die EU-Kommission plant noch weitere massive Einschnitte für Tabakwerbung.

Bastian Brinkmann

Die EU will die herkömmliche Zigarettenschachtel radikal verändern. Bald könnte es nur noch schwarz-weiße Packungen geben, die sich einzig durch den aufgedruckten Markennamen unterscheiden.

EU will Tabakrichtlinie verschärfen: Die EU will abschreckende Bilder auf Zigarettenschachteln sehen.

Die EU will abschreckende Bilder auf Zigarettenschachteln sehen.

(Foto: AP)

Auf den Einheits-Schachteln könnte dann außerdem Bilder von Raucherbeinen oder zerfressenen Lungen zu sehen sein. "Tabak ist kein Produkt wie jedes andere", sagte EU-Gesundheitskommissar John Dalli. "Er macht abhängig." Deswegen möchte die EU-Kommission auch beschließen, dass auf der Packung die Telefonnummer einer Suchtberatung zu sehen ist.

Außerdem soll Zigarettenwerbung am Kiosk verboten werden: Die Läden werden voraussichtlich auf Aufsteller und leuchtende Displays von Zigarettenmarken verzichten müssen. Irland, Island, Großbritannien und Norwegen haben das bereits abgeschafft. Es wird auch diskutiert, ob Schachteln ganz aus der Auslage verschwinden sollen. Der Kunde würde dann nach einer Marke fragen, und der Händler würde sie erst daraufhin aus der Schublade ziehen.

Die Kommission will die Maßnahmen offen debattieren und hat eine Website gestartet, auf der Bürger ihre Meinung nach Brüssel schicken können. Die englischsprachige Seite ist bis Mitte November offen. Die Tabaklobby hat angekündigt, die Homepage mit ihren Positionen zu fluten.

Brüssel hat der Zigarettenindustrie schon viele Werbemöglichkeiten genommen, zuletzt in Zeitungen und Zeitschriften. Gegen die neuen Pläne will sich die Lobby massiv wehren. "Das ist ein fragwürdiges Konstrukt", sagt ein Sprecher des Deutschen Zigarettenverbands zu sueddeutsche.de. Der Verband ist der Meinung, dass eine solche Richtlinie aus Brüssel gegen Eigentums- und Markenrechte verstoßen würde. Außerdem gebe es keinen wissenschaftlichen Beleg, dass eine solche Werbeinschränkung den Zigarettenkonsum einschränke.

Die Branche kritisiert, dass sie gegängelt werde. "Es darf nicht sein, dass dem mündigen Verbraucher die Auswahl und der Kauf legaler Produkte nur noch unter der Ladentheke zugemutet werden", sagt ein Sprecher des Bundesverbands der Tabakwaren-Einzelhändler.

Den Zigarettenfirmen dampft das Geschäft davon. Im ersten Halbjahr 2010 hatte die Branche mit sinkenden Umsätzen zu kämpfen: Nach Angaben des Verbands der deutschen Rauchtabakindustrie wurden Tabakwaren im Wert von insgesamt rund elf Milliarden Euro abgesetzt, etwa fünf Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Die Zahl der verkauften Zigaretten ging um mehr als neun Prozent auf 40,9 Milliarden zurück. Beim Feinschnitt für Selbstdreher hat es jedoch ein Plus gegeben.

Etwa 35 Prozent der jungen Europäer rauchen regelmäßig. Tabakkonsum ist laut der Kommission für jährlich rund 650.000 vorzeitige Todesfälle in der EU verantwortlich.

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