Finanzierung:Millionen für Versicherungs-Angreifer

Das Start-up Financefox hat von Investoren eine Rekordsumme bekommen. Junge Unternehmen verändern den Versicherungsmarkt.

Von Herbert Fromme, Köln

Investoren haben die Rekordsumme von 28 Millionen Dollar (25 Millionen Euro) bei Financefox angelegt. Das in der Schweiz gegründete Start-up ist vor allem in der deutschen Versicherungsbranche tätig. Führende Anleger in der neuen Finanzierungsrunde sind Target Global mit Büros in Los Angeles, Berlin und Moskau sowie Horizons Ventures aus Hongkong. Im Januar dieses Jahres hatte Financefox bereits 5,5 Millionen Dollar als Erstfinanzierung erhalten, einer der wichtigsten Anleger war damals das große US-Softwareunternehmen Salesforce. An der neuen Runde ist Salesforce ebenso wie die übrigen Erstfinanzierer erneut beteiligt

Financefox gehört wie Knip, Clark (an dem Target Global auch beteiligt ist), Friendsurance und zahlreiche weitere Firmen zu den Start-ups, die das Versicherungswesen revolutionieren wollen. Bislang konnte kein Versicherungs-Start-up eine ähnlich hohe Summe einsammeln wie Financefox in der aktuellen Runde.

Firmenchef Julian Teicke will die Mittel für die Weiterentwicklung der Software, eine noch engere Zusammenarbeit mit traditionellen Versicherern und die Expansion nach Österreich, Großbritannien und die Niederlande verwenden. "In 24 Monaten wollen wir die internationale Ausdehnung geschafft haben", sagt Teicke.

Financefox ist rechtlich gesehen ein Versicherungsmakler und lebt von Provisionen und Gebühren. Wer sich über die App bei der Firma anmeldet, unterzeichnet eine Maklervollmacht - damit hat er Financefox die Aufgabe übertragen, sich um seine Versicherungsangelegenheiten zu kümmern.

Während die Firma einerseits selbst Makler ist, agiert sie anderseits auch als Servicezentrum für traditionelle Vermittler. Financefox fragt jeden neuen Kunden, ob er schon mit einem Mkler zusammenarbeitet. Ist das der Fall, macht das Online-Unternehmen dem Makler ein Angebot - er kann sich bei Financefox registrieren lassen und arbeitet dann mit der Plattform zusammen. Makler können sich auch von sich aus registrieren lassen. "Bisher arbeiten wir mit 90 Maklern zusammen, die insgesamt 450 Beschäftigte haben", sagt Teicke. Financefox selbst hat 80 Mitarbeiter.

Künftig sollen Policen in Echtzeit da sein und Fragen binnen einer Stunde beantwortet werden

Deutschlandchef ist Teickes Vater Hartmut. Er kennt sich aus in der Branche. Hartmut Teicke hatte einst den Finanzvertrieb Sicherheit und Capital gegründet, der 1999 von Carsten Maschmeyers Firma AWD übernommen wurde. Teicke arbeitete danach in der AWD-Geschäftsleitung, verließ die Gruppe aber nach einigen Jahren. Financefox-Chef Julian Teicke glaubt, dass sich der Versicherungsmarkt in den kommenden zehn Jahren dramatisch ändert. "Dann hat ein Versicherungsprodukt nichts mehr zu tun mit dem heutigen Versicherungsprodukt", sagt er. "Heute gibt es Haftpflichtpolicen, Autopolicen und so weiter, künftig wird es ein einziges Produkt geben." Auf das könne der Kunde zwar Einfluss nehmen, aber letztendlich passe es sich auf Basis der Daten, die um den Kunden herum gesammelt werden, dauernd selbst an. "Die Anpassung an die Risikosituation passiert in Echtzeit." Doch bis dahin ist es ein langer Weg. Teicke ist mit dem Service bestehender Anbieter unzufrieden. "Wenn heute ein Kunde zu uns kommt, dauert es ein bis drei Wochen, bis es die Gesellschaften schaffen, uns die Policen zur Verfügung zu stellen", beklagt er. Auch nach Schäden machten sehr viele Kunden schlechte Erfahrungen.

Teicke will das alles ändern. "Künftig müssen Policen in Echtzeit da sein, müssen Angebote für neue Verträge ohne manuellen Aufwand in Echtzeit generiert werden und müssen alle Fragen innerhalb einer Stunde klar beantwortet werden."

Bis dahin muss auch Financefox einiges lernen. So wie viele Vertriebe ihre Verkäufer "Berater" nennen, sprach die Firma bislang von "Versicherungsberatern". Allerdings ist das in Deutschland eine gesetzlich geschützte Berufsbezeichnung. Nach einer Abmahnung musste Teicke die Bezeichnung ändern.

*Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version hieß es: "An der neuen Runde ist Salesforce nicht beteiligt." Das stimmt nicht. An der neuen Runde ist Salesforce ebenso wie die übrigen Erstfinanzierer erneut beteiligt.

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