Der Telica tobte einen Monat lang. Rund fünfzig Mal schleuderte der tausend Meter hohe Vulkan in Nicaragua im Mai 2011 Asche in die Luft. Die Fontänen wuchsen zwei Kilometer weit über den Kraterrand empor, während Erdstöße die Umgebung durchschüttelten. Doch in dem Chaos einer solchen Eruption scheint auch eine gewisse Ordnung zu stecken. Ein Team von Vulkanologen hat den Berg bei seinem Ausbruch genau vermessen und dabei ein Muster entdeckt: Unmittelbar vor einer Explosion gebe es meist eine kurze Phase der seismischen Ruhe, erklären amerikanische und britische Geoforscher im Fachmagazin Earth and Planetary Science Letters. Kurz bevor der Telica zu einer Explosion ansetzt, schweigt er demnach zwischen mehreren Minuten und einigen Stunden - ein Seismograf in seiner Nähe zeichnet dann keine Erschütterungen auf.
Dieses Muster könnte sich für den Menschen als hilfreich erweisen: Anhand der Ruhepausen lasse sich vorhersagen, wie stark die Explosion hinterher ausfällt, schreiben die Vulkanologen in der Studie. So führte eine kurze Pause von sechs Minuten anschließend nur zu einer kleinen Rauchwolke - nachdem der Berg aber einmal zehn Stunden geschwiegen hatte, wurde gleich die 40-fache Energie explosiv freigesetzt. Je länger die Pausen, umso heftiger also der Knall, leiten die Forscher daraus ab.
Im Inneren baut sich langsam Druck auf, vermuten die Geologen
Der Stop-and-Go-Rhythmus könnte mit dem Gas zu tun haben, das in Vulkanen aus dem Erdinneren nach oben strömt. Bahnt es sich den Weg durch das Gestein, so zittert der Erdboden der Umgebung. "Das ist vergleichbar mit Luft, die durch die Löcher einer Flöte strömt und dabei die Luft in Schwingung versetzt", sagt die Vulkanologin Diana Roman von der Carnegie-Forschungseinrichtung in Washington. Doch von Zeit zu Zeit, so vermutet Roman, werden die Felsritzen verschlossen und das Gas staut sich in den Hohlräumen. Die Messgeräte zeichnen dann zwar nichts auf, doch der Druck im Inneren des Berges steigt immer weiter. "Wenn der Druck hoch genug wird, entlädt er sich als Explosion", sagt Roman.
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Warum das Felsgestein plötzlich unpassierbar für die Dämpfe wird, können die Geologen noch nicht genau erklären. Denkbar ist eine chemische Reaktion oder dass die Steine unterirdisch verrutschen und Barrieren bilden. Ebenso wenig weiß man, wie viele Vulkane nach diesem Schema eine Ruhepause vor Explosionen einlegen. "Dazu sind weitere Beobachtungen an vielen anderen Orten nötig", sagt Roman. Es gebe aber zumindest vereinzelte Berichte von anderen Vulkanen, die vor einer Eruption verdächtig still hielten, etwa am Copahue in Chile oder am japanischen Suwanose-Jima.
Roman hofft, dass sich mit der Methode besser vorhersagen lässt, wann Vulkane dem Menschen gefährlich werden. Bislang könne man im Zeitraum von einigen Tagen ablesen, dass ein Vulkan allmählich aktiver wird. Brodelt ein Vulkan aber schon länger vor sich hin, so ist man bislang recht ahnungslos, wann es das nächste Mal richtig kracht. Kurzfristige Vorboten für Explosionen zu finden, sei daher wichtig, "um das vulkanische Risiko weltweit zu senken", erklären die Geowissenschaftler in der Studie. Roman will nun systematisch Daten von Vulkanologen durchgehen, um herauszufinden, wie häufig andere Vulkane verräterische Atempausen einlegen.