Nikolaus, Christkind, Weihnachtsmann:Wer ist denn dieser Typ in Rot?

Nikolaus, Christkind, Weihnachtsmann: Es kann nur einen geben, . . . oder?

Es kann nur einen geben, . . . oder?

(Foto: AP)

Heute war der Nikolaus da und hat vielen Kindern und Erwachsenen süße Geschenke gebracht. Bald kommt auch der Weihnachtsmann mit weiteren Präsenten. Oder ist es doch das Christkind? Jedes Jahr die gleiche Verwirrung.

Von Markus C. Schulte von Drach

Die meisten Eltern möchten ihren Kindern nicht die Illusion nehmen, dass es höhere Mächte gibt, an die man sich mit einem Wunschzettel wenden kann. Wenn also die Frage kommt, wer die Geschenke bringt, dann lautet die Antwort nicht: Mama, Papa oder die Großeltern.

Die Antwort lautet vielmehr: das Christkind. Oder, halt: der Weihnachtsmann.

Augenblick. Und wer ist dann der Nikolaus? Nein, der kommt am 6. Dezember, nicht am Heiligen Abend. Oder hilft er dem Christkind, als Weihnachtsmann verkleidet? Andererseits betreibt der Weihnachtsmann doch am Nordpol eine eigene Fabrik für Spielzeuge, wo ihm Elfen zur Hand gehen.

Wer also ist eigentlich dieser ominöse Mann in Rot? Und was hat es mit dem Christkind auf sich?

Es ist ein langer Entwicklungsprozess, der aus einem frühchristlichen Bischof einen netten alten Opa mit Knollennase und roten Bäckchen gemacht hat, der sich durch Schornsteine zwängt, um die Kinder zu beglücken.

Der Ursprung: Nikolaus von Myra

Der Weihnachtsmann ist auf Bischof Nikolaus von Myra (Lykien/Türkei) zurückzuführen. Dieser wurde der Legende nach im Jahre 270 in der kleinasiatischen Stadt Patara geboren und starb am 6. Dezember 343. Möglicherweise spielt für die Legenden um den Heiligen Nikolaus auch ein zweiter Bischof namens Nikolaus von Pinara eine Rolle, der allerdings erst im 6. Jahrhundert lebte.

Nikolaus von Myra war angeblich bereits mit 17 Jahren Bischof und nahm am Ersten Konzil von Nicäa im Jahre 325 teil. Allerdings gibt es dafür keine sicheren Belege - genauso wenig wie für seine Existenz überhaupt.

Auf jeden Fall aber wird Nikolaus von Myra von der Ostkirche bereits seit dem sechsten Jahrhundert als Heiliger verehrt. Ihm wurde nachgesagt, er habe sich immer sehr um die Armen und besonders die Kinder gekümmert und ihnen nachts heimlich Geschenke gebracht. Bei den Christen im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation wuchs seine Popularität vermutlich insbesondere im 10. Jahrhundert nach der Heirat des Kaisers Otto II. mit der byzantinischen Prinzessin Theophanu, einer Nichte des oströmischen Kaisers Johannes Tzimiskes von Konstantinopel.

1087 raubten italienische Kaufleute die Gebeine des Bischofs aus seinem Grab in Myra, bevor die Stadt von muslimischen Seldschuken erobert wurde, und brachten sie nach Bari. Von dort aus breitete sich der Nikolaus-Kult in Europa weiter aus. Im Mittelalter wurde das Beschenken der Kleinen, der Armen und auch der Dienstboten am 6. Dezember ein Teil dieses Kultes - und ist es bis heute.

Luthers Erfindung: Der "Heilige Christ"

Mit Martin Luther aber wurde es kompliziert. Der große Reformator brach nicht nur mit dem Papst in Rom. Er schaffte um das Jahr 1535 für die deutschen Protestanten auch die Bescherung am Nikolausabend ab. Schließlich ging es da um die Verehrung eines Heiligen, der Einfluss auf das irdische Leben haben sollte - und damit hatte Luther ein Problem.

Eroeffnung Nuernberger Christkindlesmarkt

Wie dieses Christkind auf dem Nürnberger Christkindlesmarkt hat sich Martin Luther den von ihm eingeführten "Heiligen Christ" wohl kaum vorgestellt. Und dass die Protestanten in Deutschland heute eher auf den ursprünglich katholischen Weihnachtsmann-Nikolaus stehen, während die Katholiken das Christkind verehren, hätte er sicher auch nicht erwartet.

(Foto: ddp)

Stattdessen sollte nun der "Heilige Christ", also Christus - später als Christkind verniedlicht und als kindlicher Jesus missverstanden - an Weihnachten Geschenke bringen. Anhänger fand dieser ursprünglich protestantische Brauch in Deutschland seit 1900 dann auch unter den Katholiken. Und das Christkind verwandelte sich zunehmend in ein mit Goldlöckchen ausgestattetes engelhaftes Wesen, das mit Jesus nicht mehr viel gemein zu haben scheint.

Aus zwei mach eins: Der Weihnachtsmann

In den folgenden 30 Jahren wechselten Christkind und Nikolaus zunehmend die Seiten, sodass Kinder im überwiegend katholischen Süden und Westen schließlich Luthers Christkind den Vorzug gaben, im Osten und Norden dagegen dem Nikolaus - allerdings in seiner neuen Gestalt: dem Weihnachtsmann.

Das Bild des Weihnachtsmanns hat sich während des 19. Jahrhunderts entwickelt. Der ursprünglich als Bischof dargestellte Nikolaus verschmolz zunehmend mit seinen (regional verschiedenen) Begleitern und Gehilfen (zum Beispiel Knecht Ruprecht oder Krampus) und übernahm dessen Stiefel, den Sack und die Rute, behielt jedoch den Mantel und den - allerdings zunehmend abgewandelten - Bischofshut.

Entstanden ist dadurch der Weihnachtsmann, auf den sich zum Beispiel August Heinrich Hoffmann von Fallersleben in seinem Lied "Morgen kommt der Weihnachtsmann" 1835 bezieht.

Doch die Aufmachung, die der moderne Weihnachtsmann/Nikolaus heute trägt, lässt sich so noch nicht verstehen.

Bis der Gabenbringer diese Form angenommen hat, musste der Nikolaus erst nach Amerika auswandern. Das tat er als Sinterklaas von den Niederlanden aus. In Neu-Amsterdam (heute das Gebiet um Manhattan beziehungsweise New York) entwickelte er sich zu Santa Claus - und verschmolz zunehmend mit dem Father Christmas, den die Briten mitgebracht hatten. Und die Bescherung fand nun am 25. Dezember statt.

Der ausgewanderte Sinterklaas

Während Nikolaus (oder Sinterklaas) noch als ein eher asketisch wirkender Heiliger in der Tracht eines Bischofs (Mitra, Stab, Kreuz, Chormantel, Stola) aufgetreten war, wechselte Santa Claus in den USA als Father Christmas nun in mehr dem Winterwetter angepasste Kleidung.

Die frühesten Beschreibungen des neuen Santa Claus, in der bestimmte Aspekte der modernen Form des Weihnachtsmannes schon auftauchen, stammen aus Büchern aus den USA. In "A History of New York" von Washington Irving im Jahre 1812 fliegt Santa Claus bereits mit einem Wagen über die Baumwipfel. 1821 tauchte in einem anonym verfassten Gedicht in dem Buch "A New Year's Present" des New Yorkers William Gilley erstmals ein Rentier auf, das Santa Claus' Schlitten ziehen sollte. Anders als meist behauptet, steht in dem Gedicht nichts davon, dass er in Fell gekleidet sei. Auf der zu dem Gedicht veröffentlichten Zeichnung ist allerdings die Mütze aus Fell, für den Mantel könnte das ebenfalls stimmen.

Erheblich größeren Einfluss hatte allerdings 1823 das Gedicht "'Twas the Night before Christmas" (A Visit from St. Nicholas), das ebenfalls anonym in einer New Yorker Zeitung veröffentlicht wurde, aber vermutlich von Clement C. Moore aus New York stammte. Es beschrieb den Nikolaus als rundlichen, lustigen Elfen mit rundem kleinen Bauch, ganz in Fell gekleidet, mit glitzernden Augen, rosigen Bäckchen, einer Nase wie eine Kirsche, einem langen schneeweißen Bart und einer Pfeife. Sein Schlitten wurde bereits von acht Rentieren gezogen. Moore ließ ihn durch den Schornstein in die Wohnungen steigen, um die dort aufgehängten Strümpfe mit Geschenken zu füllen.

Auftritt eines Karikaturisten

Während des amerikanischen Bürgerkriegs, im Jahre 1863, zeichnete Thomas Nast, der bekannteste politische Karikaturist der USA im 19. Jahrhundert, erstmals Santa Claus für das Wochenmagazin Harper's Weekly - und legte damit gewissermaßen fest, wie der Nikolaus von nun an aussehen würde:

Santa Claus Nast

Die erste Darstellung von Santa Claus durch den Karikaturisten Thomas Nast aus dem Jahre 1863 (großes Bild, links oben) sowie ein Bild aus dem Jahre 1881, das modernen Darstellungen bereits sehr ähnelt (rechts unten).

(Foto: oh)

Ganz ähnlich wie von Moore beschrieben trat Father Christmas bei ihm nun auf: mollig, lustig und mit langem Rauschebart.

Zunehmend verdrängte diese Figur nun alle anderen Darstellungen des Weihnachtsmannes. (Nast, ein deutscher Einwanderer, steckte übrigens auch hinter den Maskottchen der US-Parteien, dem Esel für die Demokraten und dem Elefanten für die Republikaner.)

Und sogar die Santa-Farben gehen auf Nast zurück. Als der Zeichner gebeten wurde, einige seiner Werke zu kolorieren, wählte er für den Weihnachtsmann die Farben Weiß und Rot.

Zuvor war er vor allem in grüne Gewänder gekleidet gewesen. Und auch andere Eigenschaften des neuen Santa Claus sind Erfindungen des Karikaturisten. So siedelte Nast ihn zum Nordpol um, wo der Weihnachtsmann nun Spielzeuge herstellt.

Auch machte er den europäischen Gefährten des ehemaligen Bischofs, Knecht Ruprecht, Krampus oder wie er auch heißen mag, überflüssig. Denn Santa führt seit Nast eine eigene Liste von braven und bösen Kindern, anhand derer er entscheidet, wer beschenkt wird, und wer nicht.

Gerüchte besagen, der heutige Weihnachtsmann - oder zumindest seine Erscheinung - wäre eine Erfindung dese Getränkeherstellers Coca-Cola. Ganz so ist es also nicht.

Überschätzte Rolle eines Getränkeherstellers

Als in den zwanziger Jahren Coca-Cola den Weihnachtsmann für die Werbung einsetzen wollte, konnten die Designer des Unternehmens auf eine bereits sehr erfolgreiche Vorlage zurückgreifen.

Christkind, Weihnachtsmann und Nikolaus

1931 setzte Coca-Cola erstmals das Motiv des Weihnachtsmannes zur Werbung ein, so wie es Nikolaus Sundblom (kleines Bild) entworfen hatte.

(Foto: thecoca-colacompany.com)

Nach Angaben des Getränkeherstellers ließ sich 1931 Werbezeichner Haddon Sundblom von Moores Gedicht aus dem Jahre 1822 inspirieren.

Und zusammen mit Coca-Cola eroberte der Weihnachtsmann in seiner heute üblichen Erscheinung die Welt.

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