Kunst:Farbenrausch am Hofgarten

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Design und zeitgenössische Kunst in der Galerie Vogdt: Sessel und Schreibtisch von Pierre Jeanneret vor einem Bild von Christian Muscheid. (Foto: Francesco Giordano)

Die Galerie Stefan Vogdt hat nach vier Jahrzehnten ihre Räume in Schwabing verlassen und wagt einen Neuanfang

Von Evelyn Vogel, München

Hübsch licht sind sie, die neuen Räume der Galerie Stefan Vogdt. Und mit 120 Quadratmetern auch deutlich kleiner als die bisherigen in der Kurfürstenstraße, wo zum Schluss 800 Quadratmeter zur Verfügung standen. Dafür liegt die Galerie aber nun in einer absoluten Premiumlage am Hofgarten. Wo bis vor einiger Zeit der Verleger Lothar Schirmer seinen Showroom hatte und immer wieder Ausstellungen präsentierte, haben nun Stefan Vogdt und seine Tochter Felicitas ihre Galerie eingerichtet. Zur Open Art am kommenden Wochenende soll sie offiziell vorgestellt werden mit einem kleinen Jubiläumsfest, bei dem mit etwas Verspätung das 40. gefeiert werden soll.

Vier Jahrzehnte war Stefan Vogdt mit seiner Galerie in Schwabing ansässig. 1977 begann er mit Objekten, Glas, Plakaten und Möbeln des Jugendstils. In den Neunzigerjahren fingt er an, sich für Bauhausmöbel und skandinavisches Design zu begeistern und machte bald schon die Architekturfotografie zu einem weiteren Schwerpunkt in seiner Galerie. Er zeigte Aufnahmen der Corbusier- und Aalto-Bauten von Lucien Hervé, Fotos des Chronisten der amerikanischen Moderne Julius Shulman und Aufnahmen des deutschen Fotografen Klaus Kinold. Seit 2000 - mittlerweile hatte man die Räume eines früheren Fotolabors dazu mieten können und hatte die eigenen Räumlichkeiten vom Keller auf das Erdgeschoss erweitert - wurden Design und Fotografie durch Werke zeitgenössischer Künstler erweitert, was auch daran liegt, dass die Galerie nicht mehr allein von dem mittlerweile 77-jährigen Gründer betrieben wird, sondern seine Tochter Felicitas vor einiger Zeit mit einstieg. Die 32-Jährige ist Kunsthistorikern und hat zahlreichen Schülern und Absolventen der Münchner Kunstakademie Ausstellungen in der Galerie ermöglicht.

Ein Umzug nach 40 Jahren ist ein tiefer Einschnitt. Doch von Katzenjammer ist in der Galerie von Stefan Vogdt nichts zu spüren. Vor drei Jahren wurden Vogdts informiert, dass eine grundlegende Sanierung des Hauses in der Kurfürstenstraße anstehe, erzählt Felicitas Vogdt. "Da überlegt man sich schon sehr genau, ob man das mitmachen will, den Baustellenbetrieb, die verhängten Schaufenster, den Lärm und Schmutz." Vor allem die Gefahr, nach außen hin über längere Zeit "unsichtbar" zu sein, hätten sie und ihren Vater veranlasst, sich nach neuen Räumen umzusehen. "Es hat sich aber auch das Umfeld in der Straße verändert", sagt Felicitas Vogdt. Früher habe es etliche kleine Läden gegeben, die "schöne Dinge" anboten. Heute sehe die Kurfürstenstraße anders aus. Die einvernehmliche Einigung und Trennung vom Vermieter half, den Aufbruch zu neuen Ufern leichter zu machen. Aber ist es nicht sehr schwer, in München bezahlbare Räume zu finden? Felicitas Vogdt lacht. Ja, das sei das überraschendste gewesen, dass man schon nach einem halben Jahr etwas Neues in Aussicht hatte.

Glück muss der Mensch haben, denkt man sich, wenn die Galeristin das so en passant erzählt. Doch dann kam die Nachricht, dass diese Räumlichkeiten nicht rechtzeitig bezugsfertig werden würden. Erneut aber half ein Quäntchen Glück. "Wir hörten von den Räumen in der Galeriestraße und haben uns sofort beworben." Übrigens bei der Schlösser- und Seenverwaltung, denn die sind für zahlreiche der wunderbaren Liegenschaften am Hofgarten zuständig. "Die Lage ist ein Traum", sagt Felicitas Vogdt über die zweigeschossigen Räume, bei denen man über eine Wendeltreppe nach oben gelangt und von dort aus durch die ovalen Sprossenfenster einen hübschen Blick auf den Hofgarten hat. Und mit dem Kunstverein und mehreren Galerien sowie Dependancen von Auktionshäusern in unmittelbarer Nähe hat man nun wahrlich eine kunstsinnige Nachbarschaft. "Wir sind hier eindeutig näher an unserem Zielpublikum als in der Kurfürstenstraße", ist sich Felicitas Vogdt sicher. Zudem sei man auch näher am Lager in der Maximilianstraße. Was bei den deutlich beengteren Räumen auch wichtig sei.

Eng aber wirkt die neue Galerie ganz und gar nicht. "Natürlich müssen wir uns hier viel konzentrierter präsentieren", gibt die junge Galeristin zu. Aber im Vergleich zu den Ausstellungen in den Räumen in der Kurfürstenstraße hat man hier das Gefühl, dass der Druck, stärker auszuwählen und darauf zu achten, welche Objekte miteinander harmonieren, wo was gestellt und wo was gehängt wird, der Präsentation durchaus gut tut. So gehen der Schreibtisch und der gelbe Ledersessel des Schweizer Architekten Pierre Jeanneret, eines Cousin Le Corbusiers, eine aufregende Wechselwirkung mit der kraftvollen Farbfeldmalerei des jungen Münchner Künstlers Christian Murscheid ein. Die andere Raumseite beherrscht eine rot leuchtende Skulptur von Rotraud, der Frau von Ives Klein, von dem ein blauer Coffeetabel in der zweiten Reihe steht. Dazwischen hingen im August einige der Arbeiten des japanischen Fotokünstlers Yamamoto Masao, dessen mitunter fast abstrakt wirkenden Tierfotografien die Stille zwischen den knalligen Objekten wunderbar füllten und in ihrem Schwarz-Weiß mit Sepiaanmutung wie aus der Zeit gefallen schienen.

Zum Neustart am Hofgarten wird die Galerie Stefan Vogdt in der ersten Sonderausstellung aber Modezeichnungen und Illustrationen von Aurore de la Morinerie präsentieren. Felicitas Vogdt ist voller Vorfreude und schwärmt von den zarten Kunstwerken in Tusche und Aquarell. Aurore de la Morinerie arbeitet als freie Künstlerin, aber auch als Illustratorin für zahlreiche Modelabels und amerikanische sowie britische Modemagazine. Ihre künstlerische Handschrift wussten nicht zuletzt mehrere Museen in Europa zu würdigen.

Und noch eine Neuerung erfährt die in diesem Jahr an Neuerungen nicht eben arme Galerie. Felicitas Vogdt wurde in die neu eingerichtete Sektion "Young Dealers" bei der Kunstmesse Highlights eingeladen. Weit hat sie es nicht zur Residenz. Noch ein Vorteil der neuen Räume am Hofgarten.

© SZ vom 09.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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