Kunst in Fürstenfeldbruck:Bilderbuch der unbekannten Welten

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Radu-Anton Maier will in seinen Bildern Grenzen der Realität überschreiten, aber auch als eine Art Hellseher einer nahenden Zukunft agieren. Nachzulesen und nachzuschauen nun in einem Kunstbuch mit seinen Werken. (Foto: Svetlana Maier/oh)

Der Fürstenfeldbrucker Surrealist Radu-Anton Maier hat ein Best-of-Album seiner Werke herausgegeben. Der Betrachter wird auf 100 Seiten an geheimnisvolle Orte entführt

Von Sonja Pawlowa, Fürstenfeldbruck

Ein Bilderbuch der unbekannten Welten - das gibt es. Zu Weihnachten präsentiert der rumänische Kunstverlag Editura Tribuna den Meister des Imaginären: Radu-Anton Maier, Surrealist mit rumänischen Wurzeln. Wie in einem Best-of-Album entführen mehr als 100 hochwertige Kunstdrucke auf Hochglanzseiten an geheimnisvolle Orte, die die Naturgesetze aufzuheben scheinen. Beim Durchblättern fühlt sich der Betrachter wie ein Raumfahrer, der frei und ohne Atemgerät unbekannte Atmosphären ergründen kann, jenseits der Gravitation und unbeschwert. Wer möchte nicht zwischen den Jahren als Kunst-Apnoe-Taucher zwischen den Welten schweben?

So klar und präzise wie die Linien die makellos glatten Flächen teilen, kommt dem Laien der Verdacht, ein Grafikdesigner stünde hinter dem Werk. Dass aber ein bereits 87-jähriger Fürstenfeldbrucker Künstler die recht großformatigen Bilder mit der Airbrush auf die Leinwand sprüht, das überrascht dann doch. Vorher werden in kompliziertester Handarbeit Schablonen angefertigt und feinste Glanzeffekte analog herstellt. Viel Arbeit, viel Planung und dennoch einer spontanen Kreativität folgend. Es überrascht vor allem Radu-Anton Maiers inneres kreatives Universum, das offenbar weder Zeit noch Raum kennt.

Der Kunstband führt analog durch eine virtuelle Ausstellung, quasi Fantasie begreifbar gemacht. Der Inhalt ist in die in die Themenbereiche Landschaften, Porträts, Akte und Blumen unterteilt. Eigentlich sind es hochaktuelle Themen in Zeiten von Klimaerwärmung, KI und dem Verlust zartfühlender Menschlichkeit. Radu - so lautet Radu-Anton Maiers Künstername - konfrontiert mit düsteren von Smog belasteten Sphären am Horizont. Trübe Sonnen oder rotes Glimmen machen schnell klar, dass die Luft hier nicht nur giftig, sondern auch ätzend sein kann. Wiederkehrende Spiegelungen von dürren Bäumen, antiken Säulen und Treppen zeigen Vergänglichkeit und Untergang. Unwirklich selbst das Kloster Fürstenfeld, das wie in einem venezianischen Sumpf ein Kreuz aus Nägeln über sich trägt.

Diese Motive haben unterschiedliche Ursprünge. Radu-Anton Maier kam in den 1960er Jahren bei einer Studienreise nach Perugia mit der Airbrush-Technik in Kontakt. Gleichzeitig wirkten auch die architektonischen Hinterlassenschaften der Römer in Rumänien und Nordafrika, im Mittelmeerraum auf ihn ein. In der Wüste offenbarte sich eine tiefe Erkenntnis: Es ist viel zu sehen im Nichts, etwa Spiegelungen im wabernden Sand, der wie Wasser aussieht. In Maiers Bildern spiegelt sich statt Himmel und Saharasand eine zusätzliche verschwommene Welt. Radu-Anton Maier lockt mit seiner Symbolik und Farbdramaturgie ins Unterbewusstsein. Eine Reise in neue Dimensionen, bei der selbst die Buchseiten mehr als 2D ausstrahlen.

Wenn er nicht an seinen Bildern arbeitet, liest der Künstler gerne Science-Fiction-Romane. Ein sichtbarer Einfluss. Auf der Leinwand entstehen parallele Welten, Marswelten könnte man sie nennen. Fast möchte der Betrachter in seine eigene Traumwelt abdriften und sich Szenarien ersinnen, die in den surrealen Landschaften spielen. Doch Radu-Anton Maier findet, dass Fiktion den Kontakt zur Realität halten muss. Zukunftsvisionen unterliegen innerer Logik, selbst wenn es sich um die Endzeit eines Universums dreht. Radu will Grenzen der Realität überschreiten, aber auch als eine Art Hellseher einer nahenden Zukunft agieren. Landschaften verändern sich durch Verschmutzung und erscheinen in einem anderen Licht. Diese Entwicklung will er bildlich vorwegnehmen. Auch in seinen Porträts gelingt ihm das. Aus alternden Köpfen wuchern Wurzeln und Adern. Philosophen und Kriegsherren verwesen gleichsam in ästhetischer Art.

Dass ein Buch wie "Radu-Anton Maier - Meister der imaginären Welten" entstand, ist dem Verleger Dr. Mircea Arman zu verdanken, der mit dem rumänischen Kulturmagazin Tribuna auf den deutschen und internationalen Markt drängt. Nach der Verleihung des Kulturordens und anlässlich einer in 2022 bevorstehenden Ausstellung in Cluj gelang die Zusammenarbeit trotz der räumlichen Distanz. Gerade rechtzeitig, denn Kunst und Kultur müssen in Pandemiezeiten als unverzichtbare Elemente eines lebenswerten Lebens greifbar werden. Greifbar und käuflich ist Kunst und Buch in der Galerie raduart.com in der Brucker Innenstadt, Ledererstraße 12.

© SZ vom 28.12.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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