Transferpolitik des FC Bayern:Sancho oder Sanches

Hasan Salihamidzic, Sportdirektor des FC Bayern

Bayerns Sportdirektor Hasan Salihamidzic.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Der FC Bayern akzeptiert die neuen Spielregeln des Transfermarkts: Man muss Topspieler holen, wenn sie noch keine Topspieler sind.

Kommentar von Martin Schneider

Hasan Salihamidzic saß auf einem goldenen Stuhl, als er die Zukunft des FC Bayern verkündete. Vielleicht fiel es keinem auf, vielleicht war es Absicht, aber nachdem Franck Ribéry ein mit Edelmetall überzogenes Rind verspeist hatte, sprechen die Verantwortlichen des FC Bayern in ihren Presserunden im Trainingslager in Katar ausgerechnet auf einer Art Mini-Thron zur Welt. Und von dort sprach der Sportdirektor also am Mittwoch: Wir kaufen den Spieler Benjamin Pavard, 22, vom VfB Stuttgart, wir haben am Spieler Callum Hudson-Odoi, 18, vom FC Chelsea Interesse, beim Spieler Lucas Hernández, 22, müssen wir mal schauen, und der Spieler Alphonso Davies, 18, der ist schon da und macht einen Supereindruck.

Die Frage ist natürlich nun, ob die Zukunft des FC Bayern mit diesen Spielern eine, nun ja, goldene sein wird. Sicher weiß man aber nach diesen Salihamidzic- Sätzen, dass der FC Bayern hoch offiziell seine Transferstrategie geändert hat und ein paar neue Spielregeln des neuen Marktes akzeptiert hat. Da wäre Spielregel Nummer eins: Nur weil man ein großer Klub ist, kriegt man nicht mehr automatisch einen großen Spieler. Die sogenannte A-Klasse wechselt nicht mehr fröhlich zwischen den Manchesters und Madrids dieser Welt hin und her. Der Umzug von Cristiano Ronaldo zu Juventus Turin ist eher die Ausnahme als die Regel, auch bei einem betuchten Klub wie dem FC Chelsea freuen sie sich mittlerweile, wenn sie einen Christian Pulisic von der BVB-Bank verpflichten können.

Das führt zur neuen Spielregel Nummer zwei: Für fertige Spieler aus der zweiten Reihe muss man heutzutage unanständige Summen zahlen. Pavard und Hernández würden zusammen 115 Millionen Euro Ablöse kosten. Beide sind zwar Weltmeister, aber einer von beiden spielt auch beim VfB Stuttgart.

Kaderplaner und Scouts werden immer wichtiger

Die wichtigste neue Regel ist aber die Regel Nummer drei: Wer A-Klasse-Spieler haben will, muss sie kaufen, wenn sie noch keine A-Klasse-Spieler sind - dafür muss man schnell sein und ins Risiko gehen. Leroy Sané spielte ein halbes Jahr überzeugend bei Schalke 04, bevor Manchester City über 50 Millionen Euro für ihn ausgab. Bei Kylian Mbappé reichten eine Handvoll Spiele in Monaco, damit Paris 135 Millionen Euro hinlegte. Beide Geschäfte haben sich übrigens gelohnt.

Da der FC Bayern in der eigenen Jugend keine solchen Talente zu bieten hat, versucht er mit Alphonso Davies und Callum Hudson-Odoi genau das. Also: jetzt 11,5 bzw. 40 Millionen zahlen und hoffen, dass man diese Summen in ein paar Jahren mit dem Wörtchen "nur" ausspricht.

So etwas kann auch schiefgehen - abzulesen an jenem ersten Versuch der Bayern, die einst einen 18-jährigen Renato Sanches für 35 Millionen plus Nebengeräusche aus Lissabon holten. Borussia Dortmund ist übrigens gerade der inoffizielle Meister im Spekulieren. Den Spieler Jadon Sancho hat der BVB für "nur" 7,84 Millionen aus der Jugend von Manchester City rausgekauft. Gerade spielt er so, als sei er doch etwas mehr wert.

Kriegt man einen Sancho oder doch nur einen Sanches - so lautet die neue Frage in diesem komplexer werdenden Geschäft. Der FC Bayern versucht nun jedenfalls, jene neuen Gegebenheiten zu akzeptieren, die den Sportdirektor, den Kaderplaner und die Scouting-Abteilung viel wichtiger machen in einem Verein. Ein goldener Stuhl allein ist keine Garantie mehr, dass man Rohdiamanten findet.

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