Immobilienfinanzierung:Warum grüne Kredite immer wichtiger werden

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Bundesfinanzminister Christian Lindner will Wohneigentum günstiger machen. (Foto: Oberhaeuser/imago/Rupert Oberhäuser)

Nicht nur Immobilien sollen nachhaltig werden, sondern auch ihre Finanzierungen. Mit der Vergabe von Green Loans und Green Bonds zeigt die Branche, dass sie umdenkt. Investoren stürzen sich auf die Darlehen - aus gutem Grund.

Von Christine Mattauch

Es war ein vorsichtiger Anfang: 15 Millionen Euro für ein Boardinghaus, das Grundwasserwärmepumpen einsetzt und Strom aus Wasserkraft. Das Projekt im Münchner Stadtquartier Meiller Gärten war, im Februar dieses Jahres, der erste grüne Immobilienkredit der Hypo-Vereinsbank. Acht Monate später hatte die HVB Green Loans im Wert von rund einer halben Milliarde Euro ausgegeben, unter anderem für nachhaltigen Wohnungsbau. "Die Dynamik des Segments hat uns beeindruckt", sagt Christian Federspieler, Leiter Real Estate Germany bei der HVB. "Das Produkt kommt im Markt sehr gut an."

Nicht nur bei der HVB. Lange ein Nischenthema, sind grüne Immobilienfinanzierungen gefragt wie nie zuvor. Entwickler werten mit ihnen Projekte auf und Banken ihr Kreditportfolio. Und wenn Unternehmen grüne Anleihen ausgeben, um ihren Bestand zu renovieren, stürzen sich Investoren geradezu auf die Angebote - ein Green Bond von Vonovia in Höhe von 600 Millionen Euro war im März dieses Jahres fünffach überzeichnet. Es ist, als sei der Branche schlagartig ein Licht aufgegangen.

Das letzte Quartalsbarometer des Finanzierers BF.direkt befragte etwa 100 Immobilienexperten zu Green Loans: Alle waren der Ansicht, dass diese Kredite stark an Bedeutung gewinnen werden. Steffen Sebastian, Spezialist für Immobilienfinanzierung an der International Real Estate Business School (IREBS) in Regensburg, glaubt sogar, dass es in wenigen Jahren nur noch grüne Kredite geben wird. Weil sich Banken und Investoren nicht nachsagen lassen wollen, dass sie CO2-Schleudern unterstützen - und weil der Gesetzgeber klimapolitische Auflagen verschärfen wird. "Wir werden kein Finanzierungsverbot für braune Immobilien bekommen, aber Verpflichtungen zu Sanierungen im Bestand", sagt Sebastian.

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Doch was sind grüne Finanzierungen überhaupt? Verbindliche Vorgaben gibt es nicht. Immerhin hat die Europäische Kommission einen Entwurf für die Ausgabe grüner Anleihen vorgelegt, der für mehr Transparenz sorgen und einheitliche Standards verankern soll. Zurzeit behelfen sich die Anbieter grüner Finanzierungen mit Richtlinien des internationalen Branchenverbands ICMA oder des Verbands deutscher Pfandbriefbanken (vdp), die sie durch eigene Regeln ergänzen. Gängige Kriterien sind etwa, dass ein Neubau als besonders umweltfreundlich zertifiziert ist oder dass durch eine Sanierung der Energieverbrauch deutlich sinkt.

Institutionelle Anleger wie Pensionsfonds und Versicherungen treiben den Markt

Das Spektrum grüner Kredite ist groß und betrifft längst nicht nur Ökosiedlungen. So gab die Deutsche Hypo im Juli eine Finanzierung über 71,7 Millionen Euro an ein Einkaufszentrum aus: das Billstedt Center in Hamburg, ausgezeichnet mit einem Platin-Zertifikat der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB). Bei der Aareal Bank, seit diesem Sommer im Geschäft mit Green Loans, ging es als erstes um ein Holiday Inn in Sydney mit geringem Energie- und Wasserverbrauch. "In den nächsten Jahren wollen wir den Anteil grüner Gebäude in unserem Kreditportfolio stetig steigern", sagt Aareal-Vorstand Christof Winkelmann.

Noch können Kreditnehmer kaum bessere Konditionen erwarten als bei einer normalen Finanzierung. . "Den meisten geht es bislang um Reputation durch Ergänzung der grünen Investition mit einer grünen Finanzierung", sagt HVB-Spezialist Federspieler. Bei einigen passt der grüne Kredit zur Unternehmensphilosophie, anderen hilft er bei der Vermarktung. Die Banken ihrerseits nutzen grüne Finanzierungen nicht nur fürs Marketing, sondern auch mit Blick auf die Zukunft. "Bei grünen Gebäuden ist das regulatorische Risiko deutlich reduziert", sagt Professor Sebastian - das Risiko also, dass eine Immobilie durch schärfere Umweltauflagen teuer nachgerüstet werden muss oder im schlimmsten Fall sogar unbrauchbar wird.

Nicht zuletzt institutionelle Anleger wie Pensionsfonds und Versicherungen treiben den Markt. 2015 gab die Berlin Hyp den ersten grünen Hypothekenpfandbrief Deutschlands aus, über 500 Millionen Euro. Heute führt die vdp-Statistik grüne Pfandbriefe mit einem laufenden Volumen von knapp sieben Milliarden Euro. "Immer mehr Investoren fragen diese Produkte nach", sagt Philipp Bank, Finanzierungsexperte bei der NordLB. "Gleichzeitig steigt der Druck auf Entwickler, die Nachhaltigkeitseigenschaften von Immobilien zu erhöhen." Auch unbesicherte grüne Schuldverschreibungen haben Konjunktur. Insgesamt verfügte die Deutsche Hypo - der Immobilienfinanzierer der NordLB - 2017 über ein Green-Bond-fähiges Portfolio von 1,3 Milliarden Euro, heute sind es mehr als 3,5 Milliarden. Green Loans gibt sie seit 2019 aus, mit besonders hohen Anforderungen an die Umweltverträglichkeit. Dafür sind sie bis zu zehn Basispunkte günstiger.

Auch Deutsche Wohnen und Vonovia mischen mit und geben Anleihen heraus

Wie aufgeschlossen der Kapitalmarkt ist, zeigen auch Green-Bond-Emissionen von Unternehmen. Zwei grüne Anleihen der Deutsche Wohnen in Höhe von insgesamt einer Milliarde Euro waren im März deutlich überzeichnet - bei Zinsen von ganzen 0,9 Prozent jährlich. Vonovia verzinst ihren ersten Green Bond sogar nur mit 0,625 Prozent. Das Geld soll Investitionen ermöglichen, die dazu beitragen, dass die fusionierenden Unternehmen spätestens 2050 klimaneutral werden.

Auch Firmen, die auf Gewerbeimmobilien spezialisiert sind, nutzen das Instrument. Vorreiter war 2018 die VW Immobilien GmbH mit einem Green Bond über 100 Millionen Euro. Heute ist mehr drin: Die DIC Asset AG holte sich per grüner Anleihe kürzlich 400 Millionen Euro. Dabei hatte das Unternehmen zunächst bescheidener geplant. Die Nachfrage der Investoren war jedoch so groß, dass, wie es erfreut mitteilte, "ein um 100 Millionen Euro höheres Volumen als ursprünglich erzielt werden konnte".

Werden grüne Finanzierungen dazu beitragen, dass Deutschland seine Klimaziele im Gebäudesektor erreicht? "Sie sind ein starker Hebel", sagt Experte Sebastian. Man dürfe jedoch nicht vergessen, dass selbst ein grüner Neubau die CO2-Bilanz belaste - auch dessen Baustoffe müssen schließlich hergestellt und transportiert werden. Wichtig seien Bestandsmodernisierungen, die sich unter Klimagesichtspunkten rasch amortisieren. Aus Sicht der Banken keine schlechte Nachricht: Mehr Investitionen bedeuten für sie zusätzliches Geschäft.

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