Autos:So wird die Versicherung für Fahranfänger günstiger

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Wenn der Großvater schon einige Jahre unfallfrei gefahren ist, kann er seinen Enkeln zu einer günstigeren Autoversicherung verhelfen. (Foto: Willowpix/Getty Images)

Wer 18 ist und einen zehn Jahre alten Golf versichern will, muss oft viel Geld zahlen. Doch es gibt einen Ausweg: Wenn der Großvater nicht mehr fährt, kann die Enkelin seine Rabatte übernehmen.

Von Okan Mese, Köln

Wer gerade den Führerschein gemacht hat, bekommt von Eltern oder Großeltern manchmal einen gebrauchten Wagen. Die Freude ist meistens groß. Doch der frisch erworbene Führerschein und der zehn Jahre alte Golf reichen nicht aus, um fahren zu dürfen. Vorher muss der Wagen versichert werden.

Dabei kann es äußerst unliebsame Überraschungen geben. Eine 18-Jährige, die einen VW Golf Baujahr 2013 in Leipzig auf ihren Namen versichern lassen will, zahlt allein für die Kfz-Haftpflichtversicherung 2085 Euro pro Jahr an Prämie. Das hat die ADAC-Autoversicherung ausgerechnet. Soll es der Vollkasko-Schutz sein, bei dem Schäden am eigenen Wagen auch versichert sind, sind sogar 3550 Euro fällig. Für zwei Jahresprämien kann man sich also schon einen guten gebrauchten Golf kaufen.

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Doch es gibt Auswege: Die junge Fahrerin sollte Rabatte von Eltern oder Großeltern nutzen. Dann wird es dramatisch billiger. Wenn sie ihr Auto über ihre Mutter versichern lässt, die seit 20 Jahren unfallfrei fährt, zahlt sie nur 1170 Euro - also weniger als die Hälfte. Die Mutter muss den Wagen zulassen und die Tochter als Fahrerin bei der Versicherung angeben.

Der Grund für die hohe Differenz liegt in den Schadenfreiheitsklassen (SF-Klassen). Wer unfallfrei fährt, wird jedes Jahr ein wenig günstiger versichert, seine SF-Klasse steigt um einen Punkt. Junge Fahrer und Fahrerinnen haben naturgemäß kaum SF-Klassen aufgebaut. Deshalb zahlen sie am meisten. "Vorteilhaft ist es, das Auto zunächst über ein Familienmitglied zu versichern und sich dort als Fahrer eintragen zu lassen, weil dann die Prämie meist deutlich niedriger ist", empfiehlt Philipp Opfermann von der Verbraucherzentrale NRW in Düsseldorf. Dadurch kann die Leipziger Fahrerin rund 2400 Euro an Prämie einsparen.

Man kann die Schadenfreiheitsklassen auch übertragen

Wer einige Jahre den Führerschein hat und dann einen Wagen auf seinen Namen zulässt, kann bestehende SF-Klassen von Eltern oder Großeltern übernehmen. Es können allerdings nur so viele Schadenfreiheitsklassen übernommen werden, wie die Fahrneulinge theoretisch aufgrund der Dauer des Führerscheinbesitzes selbst hätte erfahren können.

Angenommen, ein 28-Jähriger hat seit acht Jahren seinen Führerschein und will die SF-Klassen seiner Mutter übernehmen, die seit 20 Jahren unfallfrei fährt, aber nicht mehr fahren will. Da er erst seit acht Jahren den Führerschein hat, gibt es auch nur acht SF-Klassen. Diese bringen aber schon ordentlich etwas: Als Anfänger in der SF-1-Klasse würde der 28-Jährige mit Vollkasko rund 1100 Euro an Prämie zahlen müssen. Übernimmt er die acht SF-Klassen der Mutter, sind es nur 774 Euro.

Der Vorgang ist einfach. Die Eltern oder Großeltern stimmen der Übertragung zu, die Anfrage erfolgt beim Vorversicherer per Formular. Er meldet dem neuen Versicherer die zu übertragende SF-Klasse. Doch es ist sinnvoll, bei der Auswahl des neuen Versicherers genau hinzusehen, empfiehlt Opfermann. "Je nach SF-Klasse geben die Versicherer unterschiedlich hohe Rabatte, da lohnt sich der Vergleich." Dieses Vorgehen ist aber nicht für alle sinnvoll. Die abgebende Person verliert bei der Übertragung nämlich alle SF-Klassen und die entsprechenden Rabatte. Nur, wenn die abgebenden Verwandten oder Ehepartner nicht mehr fahren wollen oder schon länger nicht mehr fahren, lohnt sich das also. Bis zehn Jahre nach Vertragsende können sie ihre SF-Rabatte abgeben.

Oft lohnt sich Voll- statt Teilkasko

Neben Alter und Dauer des Führerscheinbesitzes spielen bei der Suche nach dem passenden Versicherer gut 50 Merkmale eine Rolle beim Preis. Dazu gehören die jährliche Fahrleistung, der Fahrzeugtyp oder die mögliche Werkstattbindung, bei der das Fahrzeug nach Kaskoschäden in einer Partnerwerkstatt des Versicherers repariert wird.

Fahranfänger sollten sich außerdem Gedanken darüber machen, welche Leistungen sie brauchen. Gesetzlich vorgeschrieben ist die Kfz-Haftpflichtversicherung, sie schützt Dritte vor Schäden durch das Fahrzeug. Teilkasko und Vollkasko decken Schäden am eigenen Fahrzeug. Dazu gehören Diebstahl, Hagelschäden, Glasbruch und Unfallschäden, die der Fahrer selbst verursacht hat.

Die Beitragsunterschiede zwischen Voll- und Teilkasko sind oft gering, dann lohnt sich gleich die Vollkaskodeckung - wenn man denn überhaupt den Eigenschaden versichern will. Für einen 20 Jahre alten fahrenden "Schrotthaufen", wie manche sagen würden, lohnt sich Kasko nicht. Die Beiträge sollten auf jeden Fall immer jährlich oder mindestens halbjährlich gezahlt werden. Bei monatlicher Zahlung kassiert der Versicherer Zuschläge.

Bis zu 1000 Euro sparen mit Telematik

Gerade jüngere sollten sich Telematik-Tarife ansehen. Dabei geben sie Fahrdaten an den Versicherer. Dafür werden Apps auf Handys genutzt oder spezielle Sensoren im Wagen. Die gesammelten Daten werden analysiert: Strecken, Geschwindigkeit, rasches Anfahren, hartes Bremsen, rasante Kurvenfahrten, alles geht in die Bewertung ein, den sogenannten Score.

Fahrer, die risikoarm fahren, werden mit Rabatten belohnt. Allianz und HUK-Coburg bieten einen Startbonus von fünf Prozent an. Je nach Fahrweise können Fahrerin oder Fahrer den Rabatt auf 30 Prozent steigern. Ein 18-Jähriger kann so mit einem Telematiktarif mit Vollkaskoversicherung bei der ADAC Autoversicherung, die mehrheitlich zur Allianz gehört, bis zu 1 000 Euro an Prämie einsparen.

Karin Benning von der HUK-Coburg ist überzeugt, dass junge Fahrerinnen mit Telematik stärker auf ihr Fahrverhalten achten. "Telematik lohnt sich immer", sagt auch Christian Buric von der ADAC-Autoversicherung. "Man lernt spielerisch, vorausschauend zu fahren und spart dabei auch Kraftstoff und CO₂." Verbraucherschützer Opfermann betont dagegen: Telematik sei nicht per se die günstigere Alternative. Wer aber behutsam und auch sonst versicherungsfreundlich fahre, könne mit entsprechenden Tarifen ordentliche Nachlässe auf die sonst hohen Prämien erfahren.

Junge Menschen können noch mit weiteren Mitteln die Prämien senken. Dazu zählt das begleitete Fahren. Wer daran teilgenommen hat, kann bis zu 25 Prozent einsparen. Wenn die 18-Jährige aus Leipzig mit 17 ein Jahr am begleiteten Fahren teilgenommen hätte, würde sie für ihren Golf statt 3550 Euro nur 1968 Euro zahlen. Verbraucherschützer Opfermann empfiehlt, beim Abschluss einer Kfz-Versicherung "die Motorhaube des Versicherungsvertrages" zu öffnen und auf das Kleingedruckte zu achten. "Es ist wichtig, den Vertrag auf Herz und Nieren zu prüfen und nicht vorschnell etwas abzuschließen, was ich nachher im Schadenfall bereue."

Experten raten außerdem: vergleichen, vergleichen, vergleichen. "Durch den Vergleich der verschiedenen Kfz-Versicherungstarife ergibt sich ein Sparpotenzial von bis zu 54 Prozent", sagt Edgar Kirk vom Vergleichsportal Check24. Man sollte aber nicht nur preiswert versichern, sondern auch leistungsstark, rät Opfermann.

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