Wohnungsnot:Warum der Bund auf so viel ungenutztem Baugrund sitzt

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Könnte die Bima mit ihren Grundstücken die Wohnungsnot in Städten lindern? (Foto: dpa)
  • Allein in deutschen Großstädten besitzt der Bund 970 Grundstücke, die nicht bebaut sind.
  • Der Koalitionsvertrag sieht vor, die freien Flächen künftig zu nutzen, um die Wohnungsnot in Städten zu lindern.
  • Bislang ging es bei den Grundstücken jedoch stets darum, den größtmöglichen Profit für den Bund zu erzielen.

Von Thomas Öchsner

Sie ist einer der größten Immobilieneigentümer im Land und trotzdem so gut wie unbekannt: die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, kurz Bima. In Zeiten, in denen vor allem in Großstädten bezahlbarer Wohnraum rar ist, rückt sie plötzlich in den Fokus. Denn die Behörde verfügt über etwas, was in Deutschland sehr gefragt ist: jede Menge unbebaute Grundstücke.

Das Finanzministerium hat nun auf Anfrage des FDP-Bundestagsabgeordneten Daniel Föst erstmals im Detail bekanntgegeben, welche Immobilienschätze im Bundesbesitz sind. Demnach gehören dem Bund allein in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, München und Stuttgart mehr als 970 unbebaute Grundstücke. Gesamtfläche: knapp 230 Hektar. Deutschlandweit ist es noch viel mehr. Nur: Was lässt sich damit tun? Kann die Behörde durch einen schnellen Verkauf der Grundstücke helfen, die Wohnungsnot in den Großstädten zu lindern?

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Für den wohnungspolitischen Sprecher der FDP ist die Sache klar: "Das knappe Bauland ist eines der größten Hindernisse auf dem Weg zu mehr Angebot und damit zu günstigem Wohnraum", sagt er. Er fordert die große Koalition auf, die Grundstücke im Bundesbesitz zu verkaufen, entwickeln oder zu bebauen. "Wir haben in der Wohnungsbaupolitik keine Zeit mehr zu verlieren. Bereits heute fehlen mehr als eine Millionen Wohnungen in Deutschland."

Union und SPD haben das Thema bereits in ihren Koalitionsvertrag aufgegriffen: "Wir wollen ermöglichen, dass die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben den Ländern und Kommunen zu Zwecken der sozialen Wohnraumförderung bundeseigene Grundstücke rechtssicher und im beschleunigten Verfahren zu vergünstigten Konditionen zur Verfügung stellen kann", heißt es dort. Die Bima selbst warnte indirekt aber bereits davor, sich davon zu viel zu erwarten: Sie verfüge beispielsweise über viele Flächen in ländlichen oder strukturschwachen Regionen, in denen es gar keinen Wohnungsmangel gebe, teilte die Behörde mit. Außerdem besitzt die Bima nach eigenen Angaben "in den Ballungsgebieten nur wenige Grundstücke, die gegebenenfalls für den Wohnungsbau geeignet sind".

Hinzu kommt ein weiteres Problem: Bei den für den Wohnungsbau attraktiven Grundstücken handelt es sich oft um ehemalige Kasernen. Bei der Vergabe dieser Immobilien haben die Kommunen das Recht, zuerst zuzugreifen. Da die Bundeswehr aber wieder größer werden soll, will die Truppe Kasernen, bei denen eigentlich schon der Abzug feststand, nun doch behalten. Nach SZ-Informationen geht es dabei um etwa 30 Liegenschaften, von denen bereits die Hälfte zur weiteren Verwertung an die Bima abgegeben wurde.

Bislang geht es vor allem um Profit

Soll die Behörde die Vorgaben des Koalitionsvertrags tatsächlich umsetzen, muss sie darüber hinaus umdenken. Bislang war es das Ziel, bei der Verwertung der Grundstücke einen möglichst hohen Profit zu erzielen. So sollte mehr Geld in die Kassen des Bundes kommen. 1,4 Milliarden Euro kamen in der vergangenen Legislaturperiode allein durch Immobiliengeschäfte zusammen. Nur in wenigen Fällen veräußerte die Bima Liegenschaften verbilligt an Kommunen, um Sozialwohnungen zu schaffen.

Claus Michelsen, Immobilienexperte des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), hält einen Kurswechsel für dringend notwendig. "In Zeiten der Wohnungsnot darf für die Bima der Preis nicht das entscheidende Kriterium für den Verkauf von Grundstücken sein", sagt er. Vielmehr müsse sie den Kommunen und deren Wohnungsbaugesellschaften dabei helfen, günstig an Grundstücke in zentralen Lagen heranzukommen. Vor 15 Jahren, sagt Michelsen, hätte er sicherlich noch etwas anderes gesagt und darauf gepocht, dass Verkäufe für die Behörde und damit für den Bund vor allem wirtschaftlich sein müssten. "Aber damals hatten wir auch nicht so eine Wohnungsnot wie heute."

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